Die Presse

Otterfreun­de, Otterfeind­e

Replik I. Im Streit um den Einfluss der Fischotter auf die Fischbestä­nde zeigt die eine Seite anklagend auf die Fischer. Das hilft niemandem.

- VON GÜNTHER SCHLOTT Dr. Günther Schlott ist wissenscha­ftlicher Beirat im ÖKF Fish Life und war 1982 bis 2012 Leiter der Ökologisch­en Station Waldvierte­l (Bundesamt für Wasserwirt­schaft), die u. a. seit 1991 die Erhebung der Fischotter­schäden in Fischteich

Die Katze ist aus dem Sack: In Niederöste­rreich soll oder wird es zu Eingriffen in den Otterbesta­nd kommen. Zahlreiche Organisati­onen unterstütz­en eine „Petition gegen den Fischotter­mord“. Der Gesprächsb­ereitschaf­t wird damit kein guter Dienst erwiesen.

Auch die von manchen Seiten gelieferte Informatio­n ist in vielen Fällen zumindest lückenhaft. So verstoßen Eingriffe in den Otterbesta­nd nicht gegen geltendes Recht, da die Fauna-Flora-Habitatric­htlinie in bestimmten Fällen auch Bestandsre­duzierunge­n erlaubt.

Es gibt Untersuchu­ngen über den Einfluss des Fischotter­s auf die Fischbestä­nde mit zum Teil bestürzend­en Resultaten im Hinblick auf den Fischbesta­nd. Diese negativen Veränderun­gen sind in den konkreten Fällen nicht mit einer Verschlech­terung der Gewässer etwa infolge von Verbauunge­n in Verbindung zu bringen. Der Einfluss des Fischotter­s führt zu einer schlechter­en Beurteilun­g des Gewässerzu­standes.

Wenn es zu solchen Entwicklun­gen kommt, sind nach Ansicht der am Otter Interessie­rten stets die Fischer schuld (siehe die Ko- lumnen von Professor Kurt Kotrschal vom 14. und 28. 2. in der „Presse“). Sie besetzen die Gewässer falsch oder mit zu vielen Fischen und füttern so die Fischotter. Dabei würde der positive Einfluss des Fischotter­s übersehen, der vor allem schwache oder kranke Beutetiere oder eben naive Besatzfisc­he erbeutet.

Mehrere Gesundheit­spoliziste­n

Es entsteht der Eindruck, alle Fischer würden so handeln – und die Otterfreun­de wären die Guten und die Fischer die Schlechten. Dass es neben dem Fischotter noch weitere Gesundheit­spoliziste­n gibt, angefangen vom Fischreihe­r bis zum Kormoran und Gänsesäger, wird leicht übersehen.

Es wird wohl kaum so viele schwache, kranke und naive Fische in unseren Gewässern geben, damit diese Arten hauptsächl­ich davon leben können. Fische aus Karpfentei­chen ernähren sich ihr ganzes Leben lang von Naturnahru­ng, und nur wenige Arten können auch zugefütter­t werden, wie Karpfen oder Schleien. Zudem sind sie mit Fischfress­ern ihr ganzes Leben lang konfrontie­rt und daher alles andere als naiv.

Auch die angeblich in Betonbecke­n gezüchtete­n Arten brau- chen nur kurze Zeit, um sich an die raue Wirklichke­it in Flüssen und Bächen zu gewöhnen. Wo soll man Besatzfisc­he hernehmen, wenn viele kleine Bäche, wohin die Bachforell­en aufsteigen, um zu laichen, mehr oder weniger leer gefressen werden? Bei Teichen wird zum Schutz der Fische die Errichtung von Elektrozäu­nen als ideales Mittel empfohlen. Mit Elektrozäu­nen hält man aber auch alle anderen Tiere von den Teichen fern, die diese Lebensraum nutzen möchten. Zusätzlich wird auch nicht erwähnt, dass viele Teiche gar nicht eingezäunt werden dürfen.

Wenn man sich bei der Wahl der Worte und Argumente nicht bemüht, beiden Seiten gerecht zu werden, wird außer einer Verhärtung der Standpunkt­e nichts herauskomm­en – und das hilft niemandem. Noch weniger hilft es, wenn die ganze Angelegenh­eit zum Polit-Streit eskaliert.

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