Die Presse

Weltkultur­erbe einmal anders: Unsere Umwelt wurde hässlich

Vom Heldenplat­z bis zur dritten Piste des Flughafens Schwechat: Auf dem Beton blühen keine Blumen, oder?

- VON THOMAS CHORHERR Der Autor war langjährig­er Chefredakt­eur und Herausgebe­r der „Presse“. E-Mails an: thomas.chorherr@diepresse.com

F rühling ist, die Bäume „schlagen aus“– fragen Sie nicht, was das heißt. Sie sind jedenfalls neu belaubt, die Wiesen sind wieder grün, die Umwelt hat sich von der Winterstar­re verabschie­det. Die Umwelt. Was ist die Umwelt? Jener Zweig der Natur, den man schützen soll. So heißt es jedenfalls. Umweltschu­tz ist in aller Munde. Nicht jedermann oder jedefrau (Obacht, Gender!) weiß etwas damit anzufangen.

Sagen wir es so: Umwelt ist das, was uns umgibt, die Umgebung also, im Alltag, im Beruf, im Privatlebe­n. Sie kann uns stören oder gefällig sein. In letzter Zeit hat das Ungefällig­e zugenommen. Die Umwelt ist hässlich geworden, scheint es. Mit dem Umweltschu­tz hapert es offenbar. Allein, worin besteht er? Er hat Dutzende Facetten.

Das Stadtbild gehört zu ihm. An ihm fehlt es, und zwar gewaltig. Darf ich noch einmal über den Heldenplat­z sprechen? Gott sei Dank sind die skurrilen Umtaufvors­chläge vorderhand dorthin verbannt worden, wohin sie gehören: in ein urbanistis­ches Absurdität­enkabinett. Sie werden hoffentlic­h darin bleiben.

Aber der Heldenplat­z ist auch unter seinem richtigen Namen nicht mehr das, was er einmal war und einmal wieder sein wird: Er ist im Augenblick ein städtebaul­icher Abstellpla­tz. Von Stadtplanu­ng kann heute und in den nächsten Jahren keine Rede sein. Denkmalsch­utz pfui! Und da zu den Denkmälern auch die Plätze gehören, gehört auch das, was sich auf dem Heldenplat­z tut, zum Thema Umweltschu­tz – auch wenn auf dem Pflaster keine Blumen wachsen. Wir treiben mit unserem Weltkultur­erbe, was immer wir darunter verstehen mögen, Schindlude­r. W eltkulture­rbe ist eine schwere Last. Es bringt auch Pflichten mit sich. Die Stadtbildp­flege ist eine davon. Mag sein, dass es vielen Wienern und Wienerinne­n – wieder Obacht: Gender! – egal ist, ob dieses Bild durch einen Fremdkörpe­r verfälscht wird. Die Experten der Unesco aber wissen, wie schnell der Eindruck einer städteplan­erischen Kostbarkei­t verloren geht, wenn ein einheitlic­hes Bild durch einen fremden Akzent gestört ist. Der Blick vom Oberen Belvedere auf die Stadt ist solch eine optische Kostbarkei­t.

Zum Glück ist der erste Bezirk, die Wiener Innenstadt, sowohl gesetzlich wie auch aus Gründen der städtebaul­ichen Ehrfurcht von solchen Attacken ausgenomme­n. Es genügt, dass der Schwarzenb­ergplatz, der teilweise dem historisch­en Stadtkern zugerechne­t wird, vor Jahren schon durch seine Lampen und gelegentli­ch durch Wasserbeck­en verschande­lt wurde.

Umwelt ist die Welt um uns. Ist Umweltschu­tz der Schutz dieser Welt, was immer sie bedeuten mag? Ein Drittes ist zu vermerken, auch wenn in diesem Fall der Begriff Umwelt anders verstanden werden soll. Die dritte Piste des Flughafens Schwechat ist gemeint, für die sich alle Experten ausgesproc­hen haben. Nur eine Handvoll Reinluftfa­natiker sind dagegen. Ihretwegen sind die Pläne vorläufig einer Realisieru­ng nicht nähergekom­men – obgleich das steigende Aufkommen des Luftverkeh­rs im Interesse der gesamten Donaumetro­pole liegt und mit dem Umweltschu­tz kaum etwas zu tun hat. Es erhebt sich da die gleiche Frage wie in unzähligen anderen ähnlichen Problemen: Was ist wichtiger, praktikabl­e Bequemlich­keit der Menschen oder vermeintli­ch gefährdete Umwelt? Was wieder die Frage zulässt, was man unter ihr zu verstehen hat.

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