Massen-Unis, Quoten und „soziale Gerechtigkeit“: Die Quantität zählt
Die Politik macht sich ständig Sorgen um die soziale Durchmischung. Über die Qualität der Universitäten und deren Ausbildung aber spricht niemand.
Österreich zähle zu den vier besten Ländern in Europa, in denen die Zusammensetzung der Studenten relativ repräsentativ jener der Wohnbevölkerung entspreche, postulierte kürzlich stolz Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner. Die Qualität hingegen scheint ihm weniger Kopfzerbrechen zu bereiten: Schon seit Jahren finden sich keine österreichischen Universitäten mehr im internationalen Spitzenfeld – im Gegenteil, sie rutschen immer weiter ab. Deutschland hingegen konnte sich im Ranking deutlich steigern.
Dennoch beschäftigt sich nach der SPÖ, der „soziale Gerechtigkeit“an den Universitäten schon immer ein wichtiges Anliegen war, nun offenbar auch die ÖVP mit dem Anteil von Arbeiterkindern und Migranten an den Unis. Um diesen weiter zu heben, hat Mitterlehner die Stipendien um 25 Millionen Euro erhöht.
Nun ist es sicher höchste Zeit, Stipendien und Einkommensgrenzen an die Inflation anzupassen. Und es ist sinnvoll, dass sich Studenten vorwiegend auf ihr Studium konzentrieren und sich nicht die Nächte als Kellner um die Ohren schlagen müssen. Pikant ist, dass er auch Kinder von getrennt lebenden Eltern besonders fördern will. Bezeichnet sich die ÖVP nicht als Familienpartei? Leistet man dabei nicht dem Sozialbetrug Vorschub, wie dies bereits bei der erhöhten Kinderbeihilfe der Fall ist?
Stipendien allein werden nicht dafür sorgen, dass nur die Besten und Qualifiziertesten an den heimischen Unis studieren. Und „Gerechtigkeit“wird dadurch auch nicht hergestellt. Es gibt das Gratisstudium für alle – auch für Migrantenkinder und EU-Bürger. EU-Bürger haben übrigens ebenfalls Anspruch auf ein Stipendium. Nach ihrem Abschluss kehren sie mehrheitlich in ihre Heimatländer zurück und nehmen das vom Steuerzahler finanzierte Wissen mit sich. Es gibt kaum ein Land der Erde, wo Bildung vom Kindergarten bis zum Hochschulabschluss kostenlos für alle ist.
Dennoch sind die Voraussetzungen niemals für alle gleich: Höchst ungerecht ist es etwa, dass Studenten, die in einer Universitätsstadt zuhause sind, gratis daheim wohnen können, während sich Auswärtige ein teures Zimmer mieten müssen. Es ist auch ungerecht, dass sich Kinder von Ärzten beim Medizinstudium leichter tun und später die Praxis der Eltern übernehmen können. Arbeiterkinder werden diesen Vorsprung nur schwer aufholen. Es geht eben nicht nur ums Geld.
Generell vermisst man in der Diskussion, dass sich die heimischen Unis in einer schweren Krise befinden. Uni-Professoren beklagen zunehmend, dass das Bologna-System gescheitert sei. Der Bachelor werde von der Wirtschaft nicht anerkannt, er gelte nicht als vollwertiger Abschluss. Also müssten Studenten den Master anhängen, was das Studium verlängere. Aufnahmeprüfungen haben mancherorts das Problem der MassenUni entschärft, nicht gelöst.
Massen-Lehrveranstaltungen sind frustrierend. Und mit Multiple-choiceTests lässt sich nicht wirklich prüfen, ob ein Stoff verstanden worden ist. Völlig abhanden gekommen ist die Vermittlung des kritischen Denkens und Hinterfragens.
Dafür werden die Studenten mit dem Gendern von Texten gequält und müssen mit schlechteren Beurteilungen rechnen, wenn sie dies verweigern – oder die Arbeit wird gar nicht erst angenommen.
Es ist Zeit, sich endlich von der Vorstellung zu verabschieden, dass mehr Studenten generell einen Gewinn für unsere Gesellschaft und Wirtschaft bedeuten. Vielmehr hängt es von der Qualität der Ausbildung ab. Solange wir Numerus-clausus-Flüchtlinge aus Deutschland massenhaft an unseren Universitäten gratis ausbilden, im Gegenzug unsere begabtesten jungen Leute ins Ausland abwandern, weil dort bessere Unis und bessere Jobs zur Verfügung stehen – solange müssen wir uns mit der Qualität statt mit der Quantität und der „sozialen Durchmischung“beschäftigen.