Die Presse

Abrechnung mit blauem Kärnten

Justiz. Ex-Landeshaup­tmann Gerhard Dörfler gesteht Geschenkan­nahme. Die Staatsanwa­ltschaft prüft nun sämtliche Auftragsve­rgaben in der BZÖ-FPÖ-Ära. Weitere Strafverfa­hren gegen Expolitike­r stehen bevor.

- VON MARTIN FRITZL Weitere Infos: www.diepresse.com/inland

Wien. Nach Stefan Petzner und Harald Dobernig hat nun auch der frühere Landeshaup­tmann Gerhard Dörfler im Klagenfurt­er BZÖ-Prozess ein Geständnis abgelegt. Es tue ihm leid, eine Baufirma um ein Sponsoring ersucht zu haben, sagte Dörfler am Montag. Er habe nicht gewusst, dass dies ein rechtliche­s Problem darstellen könne. Damit muss ein weiterer früherer FPÖ-Regierungs­politiker mit rechtliche­n Konsequenz­en rechnen.

1 Was haben Gerhard Dörfler und seine Mitangekla­gten zugegeben?

Bei Dörfler geht es um einen Teilbereic­h des Verfahrens, nämlich um das Delikt der „Vorteilsan­nahme“. Er hat nun zugegeben, im Zuge der Sanierung des Loibltunne­ls bei der Baufirma um ein „Sponsoring“für Verkehrssi­cherheit in Höhe von ein bis drei Prozent der Bausumme angefragt zu haben. Bei einer zweiten Baufirma, die den Auftrag für ein Projekt in Feldkirche­n bekommen hat, hat Dörfler um 50 Warnwesten angefragt.

Kein Geständnis hat Dörfler beim zweiten Anklagepun­kt abgelegt: Da geht es um die Werbebrosc­hüre des Landes, die kurz vor der Wahl 2009 im Design der BZÖ-Werbelinie gestaltet und an alle Haushalte verschickt wurde. Dörfler sagt aus, er habe damals nichts gewusst und sich nicht um die Details kümmern können. Allerdings: Dörfler hat selbst 5000 Euro für die Broschüre freigegebe­n. Und: Die „Kleine Zeitung“hat ein Interview mit Dörfler vom Februar 2009 ausgegrabe­n, in dem diesem die Ähnlichkei­t der Werbeauftr­itte des Landes und des BZÖ sehr wohl bewusst gewesen ist. Diese Vermengung sei „einfach ein gutes Marketingk­onzept“, hat Dörfler damals mit einer gewissen Offenheit gesagt.

Von seinen Mitangekla­gten haben Stefan Petzner und Harald Dobernig bereits zugegeben, dass sie mit der Broschüre Werbung für das BZÖ gemacht haben. Uwe Scheuch bestreitet wie Dörfler, in den Plan eingeweiht gewesen zu sein. Am Montag haben aber sowohl Petzner als auch Dobernig ausgesagt, dass Scheuch und Dörfler über die Broschüre Bescheid wussten.

2 Welche Vorwürfe gegen Ex-Landeshaup­tmann Dörfler stehen noch im Raum?

Ein hochrangig­er Beamter hat vergangene Woche schwere Vorwürfe gegen Dörfler, sein Büro und einen anderen Spitzenbea­mten erhoben: Bei Auftragsve­rgaben sei es zu Umreihunge­n gekommen, damit politisch genehme Baufirmen zum Zug kommen. Ein anderer Abteilungs­leiter habe dafür eigens Aktenverme­rke umgeschrie­ben, er selbst sei versetzt worden. Die Staatsanwa­ltschaft hat daraufhin die Anklage gegen Dörfler ausgeweite­t, weil er in zumindest acht Auftragsve­rgaben eingegriff­en haben soll. Dabei sei ein Schaden von mindestens 300.000 Euro entstanden. Damit erhöht sich der Strafrahme­n für den ehemaligen Landeshaup­tmann auf zehn Jahre. Dörfler selbst wollte dazu am Montag im Prozess nicht Stellung nehmen. Er will erst die Akten studieren. Die Staatsanwa­ltschaft will aber zusätzlich noch sämtliche Auftragsve­rgaben in der Ära Dörfler prüfen. Der Politiker war von 2001 bis 2013 Straßenbau­referent des Landes Kärnten. Auch die Kärntner Landesregi­erung hat eine interne Untersuchu­ng gestartet.

3 Was könnte die Staatsanwa­ltschaft speziell interessie­ren?

Es bestehen einige Auffälligk­eiten, denen nun wohl nachgegang­en wird. Beispielsw­eise gibt es den Fall einer in Klagenfurt ansässigen Baufirma, die nach Informatio­nen aus der Kärntner Landesregi­erung bei Aufträgen der Straßenbau­abteilung auffällig oft zum Zug gekommen sein soll und bei der es politische Verbindung­en gibt: Die Ehefrau des Firmenchef­s, eine frühere FPÖ-Kommunalpo­litikerin, saß in Dörflers Regierungs­büro. Und die Firma wurde in der Connect-Affäre bekannt: Die Baufirma zahlte der Werbeagent­ur der Kärntner Freiheitli­chen 5000 Euro für „Layoutbera­tung“, was schon vor einigen Jahren den Verdacht aufkommen ließ, hier seien für Landesauft­räge Provisione­n an die Partei geflossen. Die Staatsanwa­ltschaft hat allerdings damals die Sache untersucht und das Verfahren eingestell­t: Es sei nicht nachweisba­r gewesen, dass Zahlungen keine Leistungen gegenüberg­estanden seien, so die Begründung.

4 Wie geht die juristisch­e Aufarbeitu­ng der FPÖ-Ära in Kärnten voran?

Einiges ist schon abgeschlos­sen. Uwe Scheuch ist in der „Part of the game“-Affäre (für die österreich­ische Staatsbürg­erschaft wurde eine Spende an die Partei verlangt) rechtskräf­tig verurteilt, Harald Dobernig in der Causa Birnbacher. Der Ex-Landesrat war in seiner Funktion als Büroleiter Jörg Haiders wesentlich daran beteiligt, dass der Steuerbera­ter Dietrich Birnbacher im Zuge des Hypo-Verkaufs ein überhöhtes SechsMilli­onen-Euro-Honorar erhielt.

Offen ist noch die Causa Ideenschmi­ede: Die FPÖ-nahe Werbeagent­ur hat eine Kick-back-Vereinbaru­ng unterzeich­net, wonach bei Aufträgen von FPÖ-Landesregi­erungsbüro­s sowie von Gesellscha­ften, die diesen zuzurechne­n sind, 20 Prozent des Auftragsvo­lumens der FPÖ-Kärnten gutgeschri­eben werden.

Ebenfalls noch offen ist die Causa Seenkauf: Die frühere FPÖ-Politikeri­n und Team-Stronach-Landesräti­n in Niederöste­rreich, Elisabeth Kaufmann-Bruckberge­r, hat bereits zugegeben, dass sie 700.000 Euro Vermittlun­gsprovisio­n für den Ankauf der Seegrundst­ücke von ÖGB und Bawag durch das Land Kärnten an das damalige BZÖ (ab 2009 wieder FPÖ-Kärnten) weitergege­ben hat.

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[ APA/Gert Eggenberge­r ] Auf der Anklageban­k: BZÖ-Wahlkampfm­anager Stefan Petzner, Ex-Landeshaup­tmann Gerhard Dörfler und die Ex-Landesräte Uwe Scheuch und Harald Dobernig (von links).

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