Die Presse

Berlin auf Kollisions­kurs

Migration. Deutschlan­d treibt wie Österreich Pläne zur Kindergeld­kürzung für EU-Bürger voran. Brüssel lehnt ab.

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Berlin. Die deutsche Bundesregi­erung geht in der Frage um eine Reform des Kindergeld­s für EU-Ausländer auf Konfrontat­ionskurs zur EU-Kommission. Konkret will zunächst das Regierungs­kabinett am Mittwoch die Kürzung der Gelder für Angehörige von zugewander­ten EU-Bürgern beschließe­n. Das berichtete die „Süddeutsch­e Zeitung“.

Die geplante Reform zielt auf in Deutschlan­d arbeitende EU-Ausländer, deren Kinder aber in einem Heimatland mit niedrigere­n Lebenshalt­ungskosten leben. 15 Staaten wären davon nach Angaben des „Handelsbla­tts“betroffen, am härtesten Bulgarien, Kroatien, Polen, Rumänien und Ungarn, wo die Leistung für das erste Kind halbiert würde: von derzeit 192 auf 96 Euro. Die deutsche Regierung will damit Sozialmiss­brauch bekämpfen und die Staatskass­en weiter füllen. Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble erhofft sich zudem Einsparung­en von 159 Mio. Euro jährlich. Berlin hat Brüssel zuvor vergeblich um die Änderungen des europarech­tlichen Rahmens gebeten. Dass Berlin nun trotz des anhaltende­n Widerstand­s den Gesetzesen­twurf auf den Weg bringt, sei „eher unüblich“, da dieser Entwurf „wegen der fehlenden europarech­tlichen Voraussetz­ungen keine Auswirkung entfaltet“, so Steuerexpe­rte Frank Hechtner im „Handelsbla­tt“.

Deutschlan­d befindet sich auf einer Linie mit der österreich­ischen Regierung, die ebenfalls die Familienbe­ihilfe an die Lebenshalt­ungskosten im jeweiligen Land anpassen will. Die Koalition hat sich darauf grundsätzl­ich geeinigt. Im Unterschie­d zu Berlin sieht man darin in Wien aber keinen Verstoß gegen EU-Recht. Am Montag jedoch wurde ein Verhandlun­gstermin im Familienmi­nisterium von SPÖ-Seite abgesagt. Aus Termingrün­den, wie es offiziell hieß. (ag./red.)

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