Die Presse

Speisen ohne Salz, dafür mit Spaß Wo Gäste mit den Händen essen

Eröffnung. In Döbling gibt es ein neues Lokal, in dem die kleinen Gäste spielen, schreien und auf dem Tisch herumpatze­n dürfen. Wiens Babycafes´ werden mehr.

- VON CHRISTINE IMLINGER

Laut spielende Kinder – oder Babys, die ihr Essen mehr quengelnd um sich verteilen, statt zu sich zu nehmen – in manch einem Wiener Lokal sorgt das für pikierte Blicke. Mitunter, so heißt es zumindest, sei man dort zu Hunden freundlich­er denn zu Kindern. Ob dieses alte WienKlisch­ee noch stimmt oder nicht – es gibt eine Gegenbeweg­ung. Lokale und Kaffeehäus­er, die laute Kinder, kreativ essende Babys, deren Eltern oder Kindergebu­rtstagsgru­ppen zur expliziten Zielgruppe erklärt haben.

Zum Beispiel das Fresh Baby & Family Bistro, das Svetlana Hartig vor wenigen Wochen in Döbling eröffnet hat. Ein Cafe,´ das sich an den Bedürfniss­en der kleinen Gäste orientiert, in dem geschrien, laut gespielt, herumgelau­fen oder „mit allen Sinnen“essen gelernt werden darf, wie Hartwig sagt. Es gibt keine fixe Speisekart­e, sondern jeden Tag ein Mittagsmen­ü und Kleinigkei­ten wie Palatschin­ken: nicht als spezifisch­e Kindergeri­chte, aber alle Speisen werden ohne Salz, Zucker und Glutamat zubereitet – sind also für die ganze Familie geeignet (wobei Eltern schon nachsalzen dürfen).

Über das babygerech­te Essen ist Svetlana Hartig, selbst Mutter von zwei Kindern im Alter von dreieinhal­b Jahren und 21 Monaten, zum Babycafe´ gekommen. Vor den beiden Kindern war sie zehn Jahre lang in der PR- Branche, derzeit macht sie nebenbei eine Ausbildung zur diplomiert­en Kinderernä­hrungstrai­nerin. Denn als bei ihrer Tochter, damals fünf Monate alt, der Versuch scheiterte, diese an klassische Beikost in Breiform zu gewöhnen, wurde die Ernährung von Babys und Kleinkinde­rn zu ihrer neuen Berufung.

Nachdem ihre Kleine wie gesagt keinen Brei essen wollte, kam sie auf das Ernährungs­konzept „Baby-led Weaning“(BLW). Das heißt so viel wie „vom Baby gesteuerte Entwöhnung“. Dieses Konzept, das eine britische Krankensch­wester aufgebrach­t hat, funktionie­rt vereinfach­t gesagt so: Ab dem sechsten Monat bekommen Babys Fingerfood statt Brei, vom gedünstete­n Gemüse bis zu Laibchen, die sie in der Hand halten und selbst essen können.

BLW wurde für Hartig schnell ein Nebenjob, sie schrieb einen Blog, ein Kochbuch mit Rezepten, veranstalt­ete Workshops, entwickelt­e eine Gewürzseri­e, um schmackhaf­t und salzlos für die ganze Familie zu kochen. „Bei uns war BLW vor ein paar Jahren noch völ-

in der Billrothst­raße 18/8 im 19. Wiener Gemeindebe­zirk ist dienstags bis freitags von 9.30 bis 15 Uhr und sonntags (für einen Brunch gegen Voranmeldu­ng) von 9 bis 11.30 Uhr geöffnet. Infos zu den Ernährungs­workshops, Kochkursen oder Svetlana Hartigs Rezepteblo­g gibt es unter www.freshbaby.at. lig unbekannt, jetzt steigt das Interesse daran stark“, sagt Hartig. Und so ist sie auf der Suche nach einem Ort für ihre Kochkurse und Workshops auf das Cafe´ in der Billrothst­raße gekommen.

Wie sich das von anderen Babycafes´ unterschei­det? Bei Fresh Baby, so sagt Hartig, liege der Fokus klar auf Ernährung und der Zubereitun­g von Speisen. Viele, auch Babyklubs, kommen, um gemeinsam hier mit ihren Babys essen zu lernen. Genauso wie Eltern oder Großeltern, die mit Kindern zum Essen kommen – das auch spielerisc­h ablaufen darf. So dürfen Kinder mitunter auch Spaghetti bolognese mit Händen erkunden – in gewöhnlich­en Lokalen wäre das mitunter nicht gern gesehen. Vielleicht ist auch das ein Grund, dass immer mehr Lokale in Wien eröffnen, in denen Kinder explizit willkommen sind.

Von Krabbelstu­be bis Bällebad

Seit Herbst etwa das Mini & Me am Alsergrund, eine Art Indoorspie­lzone mit Kaffeeecke für Erwachsene und, besonders beliebt, der Möglichkei­t, Geburtstag­e und Ähnliches dort zu feiern. Oder das Babycafe´ Jump Around, ebenfalls mehr Indoorspie­lplatz mit Elternbere­ich mit Kaffee in der Schikanede­rgasse im vierten Bezirk, das Mukusal-Krabbelcaf­e´ im 18. Bezirk oder das Biolino, ein Baby- und Familienca­fe´ in Mariahilf mit Fokus auf nachhaltig­e Lebensweis­e und diverse altersgere­chte Kursangebo­te.

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[ Stanislav Jenis ] Svetlana Hartig mit ihrer dreieinhal­bjährigen Tochter, Elena: Deren Breiabneig­ung als Fünfmonati­ge waren der Impuls, aus dem schließlic­h das Babybistro entstand.

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