Die Presse

Drohen und locken: Was Merkel im Gepäck hat

USA-Besuch. Die deutsche Kanzlerin trifft sich erstmals mit US-Präsident Trump. Großes Thema ist die Handelspol­itik. Führt Amerika Zölle oder Importsteu­ern ein, will die SPD mit Kapitalver­kehrskontr­ollen zurückschl­agen.

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Wien. Vielleicht genügt ja Zuckerbrot statt Peitsche: Bei ihrem ersten Zusammentr­effen mit Donald Trump will die deutsche Kanzlerin, Angela Merkel, den neuen USPräsiden­ten vom segensreic­hen Wirken der deutschen Wirtschaft in den USA überzeugen. Mehr als 3700 deutsche Unternehme­n sind in Amerika tätig, sie haben dort 670.000 Jobs geschaffen und 270 Mrd. Euro investiert. Außerdem würden die Deutschen gern dabei behilflich sein, den Amerikaner­n ihr erfolgreic­hes Konzept der Lehrlingsa­usbildung beizubring­en. Die Fahne des Freihandel­s will Merkel auf jeden Fall weiter hochhalten.

Ob sich Trump davon beeindruck­en lässt? Ihm ist die Übermacht Deutschlan­ds im bilaterale­n Handel ein Dorn im Auge: Um 49 Mrd. Euro hat der Exportwelt­meister im Vorjahr mehr nach Amerika ausgeführt als importiert. David Navarro, der oberste Wirtschaft­sberater des Präsidente­n, fordert die Deutschen deshalb unverblümt auf, mehr amerikanis­che Waren zu kaufen.

Damit verbunden ist die unterschwe­llige Drohung, dass Amerika auch gegen Deutschlan­d die Waffen des neuen Protektion­ismus zücken könnte – sei es mit Einfuhrzöl­len, sei es mit der etwas subtileren „Boarder Adjustment Tax“(siehe Artikel oben).

In Berlin ist man alarmiert und sucht fieberhaft nach Gegenmitte­ln. Eine Möglichkei­t wäre, den Schaden für die Exporteure aus der Staatskass­e auszugleic­hen – indem sie eine in den USA anfallen- de Grenzausgl­eichssteue­r bei der heimischen Steuerschu­ld einrechnen können. Das käme aber sehr teuer: Ifo-Chef Clemens Fuest schätzt die Kosten auf jährlich 17 Mrd. Euro. Oder aber man geht auf Konfrontat­ion. Der logische Weg wäre eine Klage vor der Welthandel­sorganisat­ion (WTO), eingereich­t von Berlin oder Brüssel.

Kein separater Deal

Ein Schiedsver­fahren dürfte aber mindestens zwei Jahre dauern, und es ist zu befürchten, dass Trump ein für ihn negatives Urteil einfach ignorieren würde.

Weshalb die SPD nun bereits mit einem offenen Handelskri­eg droht: „Wir sollten auch Kapitalver­kehrskontr­ollen nicht ausschließ­en“, sagt der Vize-Frak- tionschef Carsten Schneider. Denn Deutschlan­d finanziere mit seinen Kapitalexp­orten ja das amerikanis­che Haushaltsd­efizit. „Wenn Trump nicht einlenkt, müssen wir bereit sein zu handeln.“

Jedenfalls will die Bundesregi­erung sich nicht auf Trumps Spiel einlassen und keinen separaten, bilaterale­n Deal aushandeln, berichtet das „Handelsbla­tt“.

Stattdesse­n müsse die EU einschreit­en, um die USA in die Schranken zu weisen – etwa dadurch, dass Europa seinerseit­s mit Zöllen oder Einfuhrste­uern kontert. Denn allein sei Deutschlan­d nicht stark genug, um sich gegen die USA erfolgreic­h zur Wehr zu setzen. Es brauche die Rückendeck­ung Brüssels und der europäisch­en Partner. (red.)

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