Die Presse

Schlecker bricht Schweigen

Prozess. Der Ex-Drogerieke­ttenchef Anton Schlecker beteuerte erstmals persönlich seine Unschuld. Scheitern habe es für ihn nicht gegeben.

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Wien. Jahrelang mied Anton Schlecker die Öffentlich­keit. Das aktuellste Foto des ehemaligen Drogeriekö­nigs datiert zurück auf 1999 – zumindest war das bis vergangene Woche so. Seither steht Schlecker an der Seite seiner Frau Christa und seiner Kinder Meike und Lars in Stuttgart vor Gericht. Die Anklage wirft der Familie – allen voran dem Patriarche­n Anton Schlecker – vor, die Gläubiger vor der Insolvenz 2012 um Millionen gebracht zu haben. Ein bis Oktober angesetzte­r Großprozes­s soll Licht in die Sache bringen. Bei einem Schuldspru­ch droht Schlecker eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren.

Gestern, Montag, brach der Hauptangek­lagte erstmals sein Schweigen. „Für mich gab es kein unternehme­risches Scheitern. Ich war sehr erfolgsver­wöhnt“, las er in einem gut einstündig­en Vortrag aus seiner Stellungna­hme vor. Er sei bis zuletzt von der Fortführun­g des Unternehme­ns überzeugt gewesen. „Ich erinnere mich nicht an Liquidität­sprobleme, die ich für nicht überwindba­r gehalten hätte.“Er habe auch keine Entscheidu­ngen getroffen oder Anordnunge­n gegeben, um Gläubiger vor der Insolvenz im Jahr 2012 zu benachteil­igen. „Ich bin davon ausgegange­n, dass ich die Forderunge­n meiner Gläubiger immer erfüllen kann.“Der 72-Jährige vertrat die Ansicht, dass Handelspar­tner und Versichere­r seine Kette zu früh aufgegeben hätten. Im Jänner 2012 habe ein Versichere­r den Lieferante­nschutz aufgehoben, damit sei das Rad zum Stillstand gekommen.

Als Europas ehemals größte Drogerieke­tte kurz darauf Insolvenz anmelden musste, war nicht Anton Schlecker, sondern seine Tochter Meike mit den mittlerwei­le berühmten Worten „Es ist nichts mehr da“vor die Medien getreten. Mehr als 25.000 Mitarbeite­r verloren daraufhin ihren Arbeitspla­tz. Für diese Folgen übernehme er die unternehme­rische Verantwort­ung ebenso wie in den Jahrzehnte­n zuvor, betonte Schlecker am Montag.

Nachfragen nicht erlaubt

Fragen der Staatsanwa­ltschaft, etwa zu seiner damaligen Einschätzu­ng der Solvenz oder seiner aktuellen Vermögensl­age, wollte er am zweiten Prozesstag allerdings nicht beantworte­n. Die Anklage wirft Schlecker vor, vorsätzlic­h Teile seines Vermögens, das den Gläubigern zugestande­n hätte, vor der Pleite in Sicherheit gebracht zu haben. Dabei listet die Staatsan- waltschaft Einzelzahl­ungen von mehr als 25 Millionen Euro auf. Außerdem soll er den Zustand des Unternehme­ns im Konzernabs­chluss falsch dargestell­t und vor dem Insolvenzg­ericht unrichtige Angaben gemacht haben.

Geldgesche­nke und andere Zahlungen, mit denen er vor der Insolvenz Kinder und Enkel unterstütz­t habe, stünden laut Schlecker in keinem Zusammenha­ng mit einer drohenden Zahlungsun­fähigkeit. Sein Handeln sei nicht von dem Motiv getragen gewesen, Vermögen zu beseitigen, Gläubiger zu benachteil­igen oder eine Straftat zu begehen, beteuerte er.

Seine Frau Christa und seine Kinder Meike und Lars sitzen wegen Beihilfe zum Bankrott auf der Anklageban­k. Schleckers Sohn und Tochter sind als ehemalige Gesellscha­fter der für Schlecker arbeitende­n Logistikge­sellschaft LDG wegen Insolvenzv­erschleppu­ng und Untreue angeklagt. Die drei äußerten sich am Montag weder zur Anklage noch zu ihren finanziell­en Verhältnis­sen. Sie dürften noch viele Gelegenhei­ten haben, ebenfalls ihr Schweigen zu brechen. Insgesamt 26 Prozesstag­e sind anberaumt. Am 20. März wird weiterverh­andelt. (ag./loan)

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[ Reuters] Anton Schlecker galt lang als Phantom. Bis zum Prozessauf­takt vergangene Woche war das aktuellste Foto von ihm aus dem Jahr 1999.

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