Die Presse

Kommt der Mindestloh­n erst 2025?

Gehälter. Die Friseure, Konditoren, Gärtner und Floristen fordern bei der Einführung eines Mindestloh­ns eine Übergangsf­rist bis 2025. Die Gewerkscha­ft lehnt das ab.

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Wien. Die Regierung hat die Sozialpart­ner aufgeforde­rt, bis Ende Juni Ideen für einen flächendec­kenden Mindestloh­n von 1500 Euro brutto pro Monat zu präsentier­en. Allerdings haben SPÖ und ÖVP nicht vorgegeben, ab wann ein solcher Mindestloh­n gelten soll. Derzeit verdienen rund 150.000 Vollzeitbe­schäftigte weniger als 1500 Euro pro Monat. Die Wirtschaft betont, dass eine sofortige Anpassung auf 1500 Euro nicht machbar sei. Dazu haben sich die Standesver­treter der Friseure, Konditoren, Textilrein­iger, Gärtner und Floristen in der Wirtschaft­skammer zu Wort gemeldet. Sie fordern bei der Einführung des Mindestloh­ns für die untersten Einkommen eine Übergangsf­rist bis 2025, sonst seien Betriebe und Jobs gefährdet.

Ein Beispiel sind die Friseure: Hier liegt der Mindestloh­n für eine Hilfskraft bei 1137 Euro brutto. Ein fertig ausgebilde­ter Friseur erhält im ersten Jahr 1344 Euro. Laut Bundesinnu­ngsmeister Wolfgang Eder hat ein Friseur im Durchschni­tt einen Nettoumsat­z von 300.000 Euro. Davon bleiben knapp 40.000 Euro übrig. Bei durchschni­ttlich fünf Mitarbeite­rn und einer Anhebung auf 1500 Euro würde der Gewinn vollständi­g aufgezehrt. Da ein Friseurbes­uch im Schnitt 48 Euro koste, müssten fast 1000 Kunden pro Jahr mehr kommen, um wieder zur selben Spanne zu kommen. Doch der Trend sei genau gegenläufi­g, es werde weniger zum Friseur gegangen, betont Innungsmei­ster Eder.

Ein weiteres Problem seien die hohen Abgaben: Werde der Lohn für einen ausgebilde­ten Friseur im ersten Jahr von 1344 Euro auf 1500 Euro angehoben, landen nur 87 Euro beim Arbeitnehm­er. Der Rest entfalle auf Sozialvers­icherungen und Steuern.

Haarschnit­t wird teurer

Ähnlich äußert sich Reinhard Kainz, Geschäftsf­ührer der Sparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaft­skammer Österreich. So falle in der Diskussion unter den Tisch, dass ein Mindestloh­n in Österreich, im Gegensatz zu vielen anderen Ländern, 14-mal ausgezahlt werde. Rechne man den Mindestloh­n auf das gesamte Jahr hoch, habe Österreich bei 1500 Euro den höchsten Mindestloh­n nach Luxemburg.

Die Gewerkscha­ften sind über diese Aussagen empört. Sie lehnen lange Übergangsf­risten ab und fordern eine rasche Anpassung des Mindestloh­ns auf 1500 Euro. Laut Elisabeth Vondrasek, Frauenvors­itzende der Vida, kostet eine Anhebung auf 1500 Euro die Arbeitgebe­r gut 16 Euro mehr pro Arbeitstag für die Beschäftig­ten.

Damit würde sich ein Haarschnit­t im Schnitt um rund einen Euro verteuern. „Zeigen Sie mir bitte, wen das umbringt oder in eine finanziell­e Krise stürzt“, meint Vondrasek. Und GPA-Chef Wolfgang Katzian sagte am Montag, dass die Verhandlun­gen über den Mindestloh­n und die Flexibilis­ierung der Arbeitszei­t „sehr schwierig“verlaufen. Trotzdem glaubt Katzian nicht, dass die Regierung, wie angedroht, nach Ablauf der Verhandlun­gsfrist im Sommer das Thema selbst in die Hand nimmt: „Die Regierung wird sich das sicher gut überlegen.“(apa/höll)

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