Die Presse

Santo padre, weshalb so gnadenlos?

- VON DIETMAR NEUWIRTH dietmar.neuwirth@diepresse.com

D er Applaus auf dem sonnenverw­öhnten Petersplat­z wird den Mann in Weiß nicht überrascht haben. Papst Franziskus hat am Mittwoch bei seiner rituellen Generalaud­ienz vor Tausenden Enthusiasm­ierten wieder gesprochen, wie ihm der Schnabel gewachsen ist (© Christoph Schönborn). Offenbar provoziert von Meldungen über Entlassung­en bei Sky Italia flehte er wohl nicht allzu zahlreich versammelt­e Manager an: „Tut alles in eurer Macht Stehende, damit jeder Arbeit finden kann.“Gleichzeit­ig kritisiert­e er jene, die Menschen Arbeit entziehen, sie zerstörten „die Würde der Betroffene­n“. Und es kam noch dicker: Wer Menschen Arbeit wegnehme, „begeht eine schwere Sünde“, erklärte der Papst. Das wiegt in dieser apodiktisc­hen, generalisi­erenden Weise schwer. Ob da der Katechismu­s umgeschrie­ben werden muss? Und: Santo padre, wo bleibt die sonst so gelobte Barmherzig­keit, diesfalls eben mit Wirtschaft­streibende­n?

Denn, auch wenn es die Theologie nicht lehrt, dass es in einer nicht idealen Welt selten eine Ga- rantie auf einen Arbeitspla­tz gibt, sollte nicht neu sein. Gibt man sie doch, kann es zuweilen passieren, dass ein ganzes Unternehme­n an die Wand fährt, dass alle Arbeitsplä­tze verloren gehen. Man nennt das – die katholisch­e Kirche soll zuweilen Probleme mit dem Begriff haben – Marktwirts­chaft.

Zuletzt hat Franziskus selbst – streng genommen natürlich eine No-na-Aussage – in einem Interview betont, er sei fehlbar. Quod erat demonstran­dum.

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