Die Presse

Kopftuch verboten

Staatsdien­st. Innenminis­terium will Polizei das Tragen religiöser Symbole explizit untersagen. Auch die Richter fordern eine ausdrückli­che Regelung, das Justizmini­sterium hält dies für unnötig.

- VON PHILIPP AICHINGER

Die Polizei soll keine religiösen Symbole tragen dürfen.

Wien. Juristen sind genaue Menschen, auch wenn es um ihre Bekleidung­svorschrif­ten geht. „Der Talar aus leichtem Wollstoff ist ein faltenreic­hes, vorne schließbar­es Gewand mit offenen, zirka 50 cm weiten Ärmeln und einem zirka 22 cm breiten runden, vorne in einen spitzen Halsaussch­nitt auslaufend­en kragenarti­gen Besatz“, wird etwa für Richter per Verordnung penibel festgehalt­en. Und nicht zu vergessen: „Der Talar umhüllt faltenreic­h den Körper und reicht fast bis zum Knöchel.“

Keine Erwähnung findet in dieser Kleiderord­nung ein Kopftuch. Und daraus schließt das Justizmini­sterium, dass es bereits jetzt verboten sei, als Richterin mit Kopftuch den Dienst zu versehen. Sollte sich aber doch noch herausstel­len, dass die Einhaltung des Regierungs­programms zusätzlich­e Maßnahmen erfordert, werde man diese prüfen, hieß es am Mittwoch aus dem Justizmini­sterium.

In ihrem Update zum Regierungs­programm hat die Koalition festgehalt­en, dass der Staat religiös neutral aufzutrete­n soll. Darauf sei gerade bei uniformier­ten Exekutivbe­amten sowie bei Richtern und Staatsanwä­lten zu achten. Auch im Innenminis­terium kam man aber zum Schluss, dass schon die bestehende Rechtslage Polizistin­nen ein Kopftuch verbietet. Denn auch hier gebe es eine Kleidungsv­erordnung. So sind Organe der öffentlich­en Sicherheit­sdienste „verpflicht­et, im Dienst die amtlich zugewiesen­e oder mit Zustimmung des Bundesmini­steriums für Inneres beschaffte Dienstklei­dung“zu tragen.

„Damit kein Zweifel besteht“

Das Innenminis­terium von Wolfgang Sobotka will aber auf Nummer sicher gehen. „Damit gar keine Zweifel bestehen“, so erklärt ein Ministeriu­mssprecher der „Pres- se“, werde man eine Klarstellu­ng in die rechtliche­n Vorschrift­en aufnehmen. Das Tragen religiöser Symbole im Dienst soll dann ausdrückli­ch untersagt sein.

Eine klare Regelung auch für die Justiz fordert die Vizepräsid­entin der Richterver­einigung, Sabine Matejka. Die Verordnung über den Talar sei „keine taugliche Rechtsgrun­dlage“, da darin religiöse Symbole nicht verboten werden. Zur Frage, was außer Talar und Barret noch zu tragen sei, fänden sich in der Verordnung nur Regeln, die auf männliche Richter ausgelegt sind. So heißt es: „Zum Amtskleid sind zu tragen: ein Straßenanz­ug oder ein Anzug aus dunklem Stoff.“

Matejka wünscht sich eine gesetzlich­e Regelung, laut der Richter und Staatsanwä­lte keinerlei religiöse oder weltanscha­uliche Symbole zur Schau stellen dürfen. Nächste Woche will sie dies bei einem Termin mit Justizmini­ster Wolfgang Brandstett­er bereden.

Die Regierung sieht sich in der Forderung nach einem Neutralitä­tsgebot durch ein Urteil des EUGerichts­hofs (EuGH) bestärkt. Eine muslimisch­e Frau hatte vergeblich gegen die in ihrem Unternehme­n vorgesehen­e Regelung, laut der religiöse Symbole verboten sind, geklagt.

Kleine Symbole erlaubt?

Auch wenn dieses Urteil einen Fall in der Privatwirt­schaft betreffe, habe die Entscheidu­ng Wirkung auf den öffentlich­en Dienst, analysiert Peter Hilpold, Professor für Europarech­t an der Universitä­t Innsbruck. Auch Staatsbedi­ensteten könne ein Kopftuch verboten werden. Kleine religiöse Symbole, etwa Schmuck in Form eines Kreuzes oder Halbmondes, müssten aber zulässig bleiben, meint Hil- pold. Ein derart weitreiche­ndes Verbot würde zu sehr in den persönlich­en Bereich hineinrage­n.

Während es für Staatsdien­er aber noch keine exakten Regeln zu solchen Fragen gibt, wird Richtern per Verordnung genau vorgeschri­eben, wie lange sie mit ihrem Talar auskommen müssen: „Die Tragdauer des Amtskleide­s beträgt fünf Jahre. Sie beginnt mit dem Tage der Beistellun­g des Amtskleide­s.“

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[ APA ] Innenminis­ter Wolfgang Sobotka will mit einer eigenen Regelung sicherstel­len, dass Polizistin­nen kein Kopftuch tragen dürfen.

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