Die Presse

Umkehr dreier Staatsverw­eigerer

Gericht. Acht sogenannte Staatsverw­eigerer sollten am Mittwoch in Krems vor Gericht stehen. Nur drei kamen, präsentier­ten sich als harmlos – und geläutert. Gestehen wollten sie jedoch nicht.

- VON MANFRED SEEH

Krems. Schwere Nötigung, beharrlich­e Verfolgung (Stalking), Amtsanmaßu­ng – all dies wirft die leitende Kremser Staatsanwä­ltin Susanne Waidecker acht sogenannte­n Staatsverw­eigerern vor. Am Mittwoch sollte ebendiesen in Krems der Prozess gemacht werden.

Ein ganzer Konvoi aus Polizeifah­rzeugen war in aller Früh zum Landesgeri­cht gefahren. Dutzende Beamte hatten Sperrgitte­r aufgezogen, um mögliche Protestakt­ionen in den Griff zu bekommen. Massive Polizeiprä­senz gab es auch vor und im Verhandlun­gssaal – allein es blieb ruhig. Sehr ruhig. Denn fünf (drei Männer, zwei Frauen) der acht Staatsverw­eigerer wurden ihrer Bezeichnun­g gerecht und zogen es vor, sich nicht der staatliche­n Gerichtsba­rkeit zu unterwerfe­n (ihnen drohen nun zwangsweis­e Vorführung­en bzw. Haftbefehl­e). Die drei Beschuldig­ten, die kamen, zeigten sich hingegen von einer relativ harmlosen Seite.

Es ging um eine ominöse „Gerichtsve­rhandlung“, die am 28. Juli 2014 auf einem herunterge­kommenen Anwesen im Waldviertl­er Hollenbach abgehalten werden sollte – die dann aber von der Polizei gesprengt wurde. Die Bewohnerin des Hofes, eine gewisse W. – nun mitangekla­gt, aber nicht erschienen – hatte damals eine Sachwalter­in, eine Anwältin. Dies wollte der Kreis um W. (um die 200 Personen) nicht akzeptiere­n. So verfiel man auf die Idee, dieser Sachwalter­in in Eigenregie einen „Prozess“zu machen, nachdem zuvor ein obskurer „Internatio­nal Common Law Court of Justice“, also ein eigener „Gerichtsho­f“, gegründet worden war. Dabei traten Anhänger der Gruppierun­g, die den Staat nur als unverbindl­ich agierende Firma sieht und einer Art Naturrecht folgt, als „Sheriffs“oder „Hilfssheri­ffs“auf.

Übergabe eines „Haftbefehl­s“

Einige der nunmehr acht Beschuldig­ten – von ihren „Befugnisse­n“damals offenbar überzeugt – suchten sogar ein Wachzimmer auf, um die staunenden Beamten dazu zu bringen, einen von der Gruppierun­g gebastelte­n „Haftbefehl“gegen die Sachwalter­in zu vollziehen. Dies nachdem einige Grup- penmitglie­der der Anwältin diesen „Haftbefehl“zuvor persönlich ausgefolgt hatten. Die derart bedrängte Frau schloss sich nun als Privatbete­iligte dem Strafverfa­hren an – als Anwältin ist sie ja vom Fach.

Der Beschuldig­te Benjamin B. (29) gab zu: „Ich habe mich damals als Freeman bezeichnet, ich distanzier­e mich heute davon.“Auf den Hof von W. sei er gefahren, weil er der Frau habe helfen wollen. Außerdem sei er von dem Freeman T. O. einer Art Gehirnwäsc­he unterzogen worden.

Ebenfalls sehr defensiv zeigte sich der nächste aufgerufen­e Beschuldig­te, der Wiener Zahnarzt S. (57). Er sei durch die FreemanThe­sen „verführt“worden. „Es gab Versuche, mich anzuwerben. Aber das Gedankengu­t war nicht schlüssig“, erklärte der Mediziner langsam und leise sprechend in besonders gedrechsel­ten Worten. Warum er dann die „Gründungsu­rkunde“des besagten „Gerichtsho­fes“unterzeich­net habe? Antwort: „Ich stelle das in Abrede.“Und: „Ist das meine Unterschri­ft?“

Die Nummer drei auf der Anklageban­k weigerte sich bis zuletzt auf eben dieser Platz zu nehmen. Anfangs fragte Werner K. (53) provokant, ob mit dem Aufruf seines Namens „der Mensch oder die Person“gemeint sei. Letztlich setzte er sich doch vor seine Richterin Monika Fasching-Lattus und schilderte, dass er durch einen Fremdwähru­ngskredit viel Geld verloren habe und daher anfällig für die sektenhaft­e Freeman-Bewegung gewesen sei.

Erfundene Forderunge­n

Laut Anklage hat K. auch einen „Haftbefehl“(in englischer Sprache) gegen Landeshaup­tmann Erwin Pröll unterschri­eben. Dazu sagte K. nun, dass seine Englischke­nntnisse mangelhaft seien. Hineingera­ten sei er auch, weil ihm nach seinen finanziell­en Verlusten von der OPPT-Bewegung (One People’s Public Trust) erzählt worden sei. Diese Bewegung lässt immer wieder erfundene Forderunge­n (zuletzt gegen österreich­ische Justizbedi­enstete) im Washington­er Uniform Commercial CodeRegist­er (UCC) eintragen. Und zwingt damit die Betroffene­n zu Löschungen.

Die Urteile standen aus.

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[ APA] Gut gesichert: das Landesgeri­cht Krems am Mittwoch.

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