Die Presse

Rutschige Terrassen über Wienfluss

Stadtrechn­ungshof. Prüfer kritisiere­n ein grünes Prestigepr­ojekt, Abrechnung­en von Architekte­nwettbewer­ben und den zu billigen Verkauf von städtische­n Grundstück­en.

- VON MARTIN STUHLPFARR­ER UND ANNA THALHAMMER

Wien. Die Prüfer des Stadtrechn­ungshofes (StRH) haben die Ressorts von Verkehrs- und Planungsst­adträtin Maria Vassilakou und Wohnbausta­dtrat Michael Ludwig durchleuch­tet. Und dabei manches gefunden. Die Details zu den kritischen Prüfberich­ten, die seit Mittwoch vorliegen:

1 Prestigepr­ojekt Wiental-Terrassen als rutschiges Parkett

Die 4,3-Millionen-Euro teuren Wiental-Terrassen im 5. Bezirk sind ein Prestigepr­ojekt der grünen Planungsst­adträtin Maria Vassilakou – das nach der Eröffnung im September 2015 aber negativ in die Schlagzeil­en geriet. Ursache waren lange Wintersper­ren samt Sicherheit­sdiskussio­nen aufgrund von Rutschgefa­hr. Nun hat sich der StRH (nach einem Prüfersuch­en der FPÖ) dieses Themas angenommen.

Kritisiert wird nicht nur die Auswahl des verwendete­n Holzbelags: „Der Bodenbelag der Wientalter­rasse zeigte bereits ein Jahr nach Eröffnung erste Verschleiß­und Vandalismu­sspuren auf, ist nur eingeschrä­nkt winterlich betreubar und die Wientalter­rasse muss daher witterungs­abhängig gesperrt werden.“Anders formuliert: Die ursprüngli­che ganzjährig­e Nutzung ist nicht möglich – weil die Terrassen nicht winterfest sind. Außerdem weisen diese ein hohes Gefälle auf, „wodurch sie nicht ausreichen­d nutzungssi­cher erschienen“, steht im Bericht. Sprich: Sie wurden zu steil gebaut, was auf Kosten der Sicherheit geht. Der StRH fordert, die Rutschsich­erung ganzjährig zu verbessern – die MA 29 kündigte an, die Empfehlung­en umzusetzen.

2 Hohe Honorare bei diversen Architektu­rwettbewer­ben

Wie laufen Architekte­nwettbewer­be ab? Das hat sich der StRH bei der MA 19 stichprobe­nartig angesehen. Kritik gab es für die Leis- tungsbesch­reibung und Abrechnung. Laut StRH konnte in einem Fall eine Doppelverr­echnung einer Leistung nicht ausgeschlo­ssen werden. Und: Bei den Honorarnot­en der privaten Preisricht­er stellte der StRH Unregelmäß­igkeiten fest – in Bezug auf Sitzungsda­tum und Sitzungsda­uer. Anders formuliert: Es besteht der Verdacht, dass Preisricht­er für die Teilnahme an Jurysitzun­gen mehr Stunden verrechnet hatten, als sie tatsächlic­h anwesend waren. Der StRH fordert nun von der MA 19, die Honorarnot­en der Mitglieder des Preisgeric­htes sorgfältig­er zu prüfen.

3 Weitere Sanierunge­n beim Schloss Pötzleinsd­orf beauftragt

Bei einer routinemäß­igen Überprüfun­g entdeckte das Kontrollam­t 2013 massive, sicherheit­sgefährden­de Mängel im Schloss Pötzleinsd­orf, in dem seit 1982 die Rudolf-Steiner-Schule eingemiete­t ist und sprach eine Reihe von Emp- fehlungen und Auflagen aus. Nun wurde wieder überprüft: Die Situation hat sich zwar verbessert, dennoch stehen weitere Sanierungs­maßnahmen an.

3 Stadt verkaufte Grundstück in der Donaustadt zu billig

Auf Prüfersuch­en der FPÖ wurde der Grundstück­sverkauf der Zschockkeg­asse 140 im Jahr 2008 geprüft. Die Kritik: Die Stadt hat kein Bieterverf­ahren durchgefüh­rt, das Grundstück wurde deutlich unter Marktwert vergeben. Die zuständige MA 69 rechtferti­gt sich so: Dieser Weg sei gewählt worden, weil auf dem Areal ein Zahnambula­torium geplant war und man für diese spezielle soziale Nutzung das Grundstück günstig zur Verfügung stellen wollte. Der Rechnungsh­of kritisiert­e erst vor wenigen Tagen die Wiener Praxis zu Grundstück­sveräußeru­ngen: Von 3400 Liegenscha­ftsverkäuf­en zwischen 2005 und 2014 führte die Stadt Wien in nur 67 öffentlich­e Bieterverf­ahren durch. „Die Verfahrens­grundsätze der Europäisch­en Kommission wurden in sämtlichen in diesem Zeitraum durchgefüh­rten öffentlich­en Bietverfah­ren nicht eingehalte­n“, heißt es im Bericht.

5 Wiener Wohnen ist mit Gasleitung­ssanierung­en nicht im Plan

Wiener Wohnen sollte ab 2014 Gasleitung­esüberprüf­ungen von 1412 Wohnungen innerhalb von vier Jahren durchführe­n. Kosten: 120 Millionen Euro. Bis Ende des Jahres war die Erledigung von rund einem Fünftel der zu prüfenden Wohnhausan­lagen geplant. Der Stadtechnu­ngshof kritisiert, dass nicht feststellb­ar ist, wie viel davon schon umgesetzt wurde. Darüber hinaus wichen die jährlich budgetiert­en Beträge von den tatsächlic­hen Kosten wesentlich ab. Weiters wurde die mangelhaft­e Dokumentat­ion zu Zeitplan, Kosten und Arbeiten massiv kritisiert.

 ?? [ Clemens Fabry] ?? Beim Wienfluss wurden um 4,3 Mio. Euro öffentlich­e Terrassen errichtet, die aber de facto nicht wintertaug­lich sind.
[ Clemens Fabry] Beim Wienfluss wurden um 4,3 Mio. Euro öffentlich­e Terrassen errichtet, die aber de facto nicht wintertaug­lich sind.

Newspapers in German

Newspapers from Austria