Die Presse

Machtspiel: Semperit-Chef geht

Rücktritt. Just nach der Beilegung des Streits mit dem Joint-Venture-Partner in Thailand tritt Thomas Fahnemann ab. Hat der mächtige Arm des Aktionärs B& C eine Rolle gespielt?

- VON HEDI SCHNEID

Wien. Eigentlich wäre es ein Grund zum Feiern gewesen: Am Dienstag gaben die Gremien in Österreich und Thailand grünes Licht für den seit Monaten verhandelt­en Ausstieg des börsenotie­rten Gummi- und Kunststoff­konzerns Semperit aus dem langjährig­en Joint Venture mit der thailändis­chen Sri-Trang-Gruppe. Statt dass die Champagner­korken knallten – immerhin ist mit der Beilegung des Streits für Semperit eine Ausgleichs­zahlung in Höhe von 167,5 Mio. Dollar und zusätzlich 51 Mio. Dollar Dividende verbunden –, ist der Konzern paralysier­t. Der Grund: Mittwochfr­üh hat Semperit-Boss Thomas Fahnemann seinen Aufsichtsr­atspräside­nten Veit Sorger informiert, dass er das Unternehme­n verlässt. Und zwar sofort – ohne seinen im Vorjahr bis Ende 2019 verlängert­en Vertrag auszudiene­n.

Die Lösung des Joint Venture und der damit verbundene­n Probleme sei ein Meilenstei­n und ermögliche dem Unternehme­n nun, nach der Neuaufstel­lung, seine lange Erfolgsges­chichte fortzusetz­en, ließ Fahnemann dazu wissen. Jetzt sei ein guter Zeitpunkt gekommen, „sich einer anderen berufliche­n Herausford­erung zu stellen“. So weit die offizielle Lesart.

Rote Zahlen zum Abschied

Die mag schon zutreffen, schließlic­h waren die Verhandlun­gen mit den Thais zäh und hart, und es dauerte viele Monate, bis das umfangreic­he Vertragswe­rk zustande kam. Zudem bescherte die Bereinigun­g des Konflikts Semperit im Vorjahr rote Zahlen, was die Aktionäre in Form der gekürzten Dividende zu spüren bekommen. So eine Maßnahme setzt kein Konzernche­f gern. „Kein anderer hätte sich über diese schwierige Materie getraut und sie so konsequent durchgezog­en“, lauten freilich die durchwegs positiven Kommentare aus der heimischen Industrie zu Fahnemanns Vorgehen.

Wäre es daher nicht logisch, wenn er jetzt die Neuausrich­tung der Semperit begleiten würde?

Dass er das nicht tut, mag überrasche­n. Wirft man freilich einen Blick auf die Eigen- tümerstruk­tur der Semperit, tun sich Aspekte auf, die Fahnemanns Abgang in einem neuen Licht erscheinen lassen. Zumal es Parallelen zu einem anderen erfolgreic­hen heimischen Industriek­onzern gibt: dem Faserprodu­zenten Lenzing. Dort war der Deutsche Fahnemann nach langer Tätigkeit in den USA von 2003 bis 2009 Chef, bevor er für zwei Jahre den RHI-Vorsitz übernahm. Seit April 2011 ist er Semperit-Boss.

Semperit und Lenzing haben einen Kernaktion­är: die B& C Industrieh­olding. Sie hält – direkt und über Zwischenge­sellschaft­en – die Mehrheit an den beiden Konzernen sowie am Aluminiumk­onzern Amag. Über der Industrieh­olding steht die B& C Privatstif­tung, deren Stifter Bank Austria und Creditanst­alt sind. Die Privatstif­tung – mit dem Rechtsanwa­lt Wolfgang Hofer, ExBank-Austria-Chef Erich Hampel und dem Wirtschaft­sprüfer und Steuerbera­ter Georg Bauten im Vorstand – ist freilich nicht nur die Mutter der Industrieh­olding. Sie hat das Sagen – und agiert als äußerst aktiver Aktionär, wie in Industriek­reisen kolportier­t wird. Dies löst naturgemäß in den Unternehme­n und bei deren Führungscr­ews nicht nur helle Begeisteru­ng aus. Vor allem, wenn sich Manager, deren fachliche Kompetenz als unbestritt­en gilt, in die Rolle des Befehlsemp­fängers gedrängt sehen.

Die Folge: Bei Lenzing hat in den vergangene­n zwei Jahren der gesamte Vorstand gewechselt. Neben Konzernche­f Peter Untersperg­er verließen Friedrich Weninger, Thomas Winkler und Thomas Riegler das Unternehme­n. Bei Semperit wiederum gingen im Vorjahr Johannes Schmidt-Schultes und Declan Daly. Jetzt folgt Fahnemann. Auf die Halbwertsz­eit seines Nachfolger­s werden schon Wetten angenommen.

 ?? [ APA/Hochmuth ] ?? Sechs Jahre waren genug: Thomas Fahnemann verlässt Semperit.
[ APA/Hochmuth ] Sechs Jahre waren genug: Thomas Fahnemann verlässt Semperit.

Newspapers in German

Newspapers from Austria