Yellen dreht am Zinsschräubchen
Geldpolitik. In winzigen Schritten zurück zur Normalität. Die US-Notenbank Fed macht in der Nacht auf Donnerstag wohl den dritten Zinsschritt. In Europa will man sich noch Zeit lassen.
Wien/Washington. Es ist die langsamste Zinswende aller Zeiten. Aber sie geht weiter. Am Mittwoch soll die US-Notenbank Federal Reserve wieder an der kleinst möglichen Zinsschraube drehen und den Leitzins um 25 Basispunkte anheben. So zumindest die einhellige Erwartung der Analysten und Marktteilnehmer.
Damit steigen die Zinsen in den USA von 0,5 bis 0,75 Prozent auf 0,75 bis 1,00 Prozent an. Es ist der dritte Zinsschritt der amerikanischen Notenbank, nachdem man auf die Finanzkrise mit einer bisher beispiellosen Politik des lockeren Geldes geantwortet hat. Die ersten zwei Zinsschritte von null bis 0,75 Prozent erfolgten jeweils im Dezember der Jahre 2015 und 2016. Rückenwind erhielten FedChefin Janet Yellen und ihre Kollegen am Mittwoch von den neuen US-Inflationsdaten.
Die Verbraucherpreise kletterten im Februar zum Vorjahr durchschnittlich um 2,7 Prozent, wie das Arbeitsministerium am Mittwoch mitteilte. Dies ist der höchste Anstieg seit März 2012. Experten hatten exakt damit gerechnet. Im Januar lag die Rate noch bei 2,5 Prozent. Die Notenbank Fed strebt eine Jahresteuerung von zwei Prozent an. Die Währungshüter achten bei der Inflation besonders auf die Preisver- änderungen bei persönlichen Ausgaben der Verbraucher: Dabei werden Energie- und Nahrungsmittelkosten ausgeklammert. Dieser Wert der „Kerninflation“lag zuletzt mit 1,7 Prozent noch unter der Fed-Zielmarke.
Wirtschaftsdaten nicht perfekt
Auch sonst ist das Bild der US–Wirtschaft nicht perfekt. Die US-Einzelhändler haben im Februar das geringste Umsatzwachstum seit August wegstecken müssen. Die Einnahmen stiegen um 0,1 Prozent zum Vormonat. Die Konsumenten hielten sich vor allem beim Kauf von Autos und anderen Fahrzeugen zurück. Hier verbuchte der Handel 0,1 Prozent weniger Erlöse. Im Januar waren die gesamten Umsätze noch um revidiert 0,6 Prozent gestiegen.
Die Verbraucher sind mit ihren Käufen der Eckpfeiler der Wirtschaft, wobei der Einzelhandel etwa 30 Prozent des privaten Konsums ausmacht. Die Kombination aus fragwürdigen Daten und der Tatsache, dass in der Fed derzeit die „Falken“das Sagen haben, hat die Investmentbank Goldman Sachs am Mittwoch dazu veranlasst, ihre Aussichten für den Aktienmarkt auf „neutral“herunterzustufen.
EZB nimmt sich noch Zeit
Während die USA die Geldpolitik in kleinen Schritten normalisieren, lässt man sich in Europa noch Zeit damit. Die Europäische Zentralbank (EZB) steht aus Sicht ihres Chefvolkswirts Peter Praet noch nicht vor einer geldpolitischen Wende. „Wir müssen sehr vorsichtig sein, wenn Leute damit anfangen, über Regimewechsel oder Normalisierung zu reden“, sagte Praet am Mittwoch auf einer Veranstaltung in Frankfurt. Dort sei die EZB noch nicht.
„Wir wollen nicht, dass die Märkte überschießen.“Die jüngsten positiven Stimmungsindikatoren aus der Wirtschaft müssten erst noch von harten Wirtschaftsdaten bestätigt werden. Die Entwicklung der Kerninflation im Euro-Währungsraum sei nach wie vor verhalten, sagte Praet. Die Kernrate verharrt seit Monaten bei Werten unter einem Prozent, was den Währungshütern ein Dorn im Auge ist. Denn an der Kerninflation lassen sich den Euro-Hütern zufolge die grundlegenden Preistrends gut erkennen. Auch die EZB strebt ein Inflationsziel von knapp zwei Prozent an. (jil/ag.)