Steckdosen sind die neuen Zapfsäulen
E-Mobility. Förderungen und Ladenetzbetreiber setzen die Straße zunehmend unter Strom. Beim Ausbau der Infrastruktur arbeiten die verschiedenen Akteure eng zusammen.
Die Verkehrswelt ist im Umbruch, und mit ihr die gesamte Energiewirtschaft. Treiber ist unter anderem die Elektromobilität. Sie soll mittel- bis langfristig wesentlich dazu beitragen, dass die Energiewende gelingt. Da E-Fahrzeuge nicht tanken, sondern laden, verteilen alternative Antriebskonzepte auch die klassischen Marktverhältnisse entlang der Straße neu. Davon profitieren vor allem die Stromerzeuger, während Anbieter fossiler Brennstoffe eher das Nachsehen haben.
Die Entwicklung geht Hand in Hand, darauf weist der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) hin: Mit der wachsenden Anzahl der auf dem Markt befindlichen E-Fahrzeuge steige diesem zufolge auch der Bedarf an Ladeinfrastruktur. „Wichtig ist der Ausbau von öffentlich zugänglichen Schnellladestationen (über 22 kW) an Orten mit Bedarf wie auf Supermarktparkplätzen oder entlang der Autobahnabfahrten“, stellt VCÖ-Experte Markus Gansterer fest. Lückenlose Stromzufuhr braucht es demnach künftig nicht nur im heimischen Wohnzimmer, sondern auch an neuralgischen Punkten der Verkehrsinfrastruktur.
Wasser statt Öl
Ein Gemeinschaftsunternehmen, das wohl im Sinn des VCÖ handelt und in Österreich Zapfsäulen durch Steckdosen ersetzen will, heißt Smatrics. Hierin haben sich der Siemens-Konzern und der Stromerzeuger Verbund zusammengeschlossen, um den Markt der Elektromobilität unter anderem durch neue Ladekonzepte zu erschließen. Statt Öl fließt hier Wasser zur Stromerzeugung, und das mittlerweile recht flächendeckend: Entlang der Autobahnen und innerhalb von Ballungszentren gebe es aktuell 400 Ladepunkte mit 22 bis 50 kW Ladeleistung, teilt Smatrics-Sprecherin Birgit Wildburger mit.
Ganz ohne Unterstützung des Staates funktioniert dies aber noch nicht. Öffentliche Gelder spielen dabei sogar eine doppelte Rolle: Einerseits ist Verbund selbst ein Unternehmen, dessen Aktienkapital zu 51 Prozent in den Händen des Staates ist, und andererseits ist die Unterstützung vonseiten der Politik derzeit recht großzügig. Marktakteure erhalten bis zu 10.000 Euro Förderung für eine neu errichtete E-Ladestelle – vorausgesetzt, diese ist öffentlich zugänglich und speist sich aus erneuerbaren Energiequellen. Aus Sicht von Smatrics ist der von der Bundesregierung geförderte Infrastrukturaufbau ein wichtiges Signal. „E-Mobilität wird nur funktionieren, wenn die Infrastruktur entsprechend ausgebaut ist“, betont Wildburger.
Neben dem Joint Venture Smatrics teilen sich die weiteren großen Energieversorger der öffentlichen Hand das Ladenetz untereinander auf. Wichtige Lobby hierfür ist der Bundesverband Elektromobilität Österreich (BEÖ). Seine Mitglieder, elf regionale und kommunale Energieanbieter, betreiben nach eigenen Angaben 80 Prozent der derzeit schätzungsweise rund 3000 Ladepunkte in Österreich.
Damit E-Stationen auch ihren Zweck erfüllen, sind Standards unumgänglich. Denn wie Benzin, Diesel – oder auch die Zapfsäulen selbst – mit sämtlichen Fahrzeugen kompatibel sein müssen, braucht es ebenso verbindliche Ladesituationen für die Elektromobilität. Das geht nur über Allianzen. Verbände wie der BEÖ spielen hierbei eine wesentliche Rolle. Nicht zu unterschätzen sind jedoch auch die grenzüberschreitenden Kooperationen. In Europa gibt es mittlerweile eine ganze Anzahl von Projekten, die sich mit länderübergreifenden Standards beschäftigen.
An einem Tisch
Das Vorhaben Central European Green Corridors (CEGC) ist mit Blick auf die Marktentwicklung hierbei besonders spannend. Denn dort sitzen sowohl Ladestationen- als auch Tankstellenbetreiber an einem Tisch. Smatrics ist genauso dabei wie der Öl- und Gaskonzern OMV. Dabei treffen offensichtliche Interessenkonflikte aufeinander: Smatrics geht es bei der Elektromobilität nach eigenen Aussagen „um die Unabhängigkeit von der Ölindustrie und ihrer Preispolitik.“Genau hierum dürfte es Unternehmen wie der OMV aber eher weniger gehen. Ihr wirtschaftliches Überleben ist eng mit fossilen Brennstoffen verbunden. Weniger Tankstellen und mehr Ladestationen kann also nicht deren Ziel sein. Als Alternative sehen sie mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzellenfahrzeuge, zumal sie kompatibler mit der bisherigen Tankinfrastruktur sind. Das erklärt auch das Engagement der OMV in diesem Bereich. Bereits heute können in der Raffinerie Schwechat jährlich rund 50.000 Tonnen Wasserstoff hergestellt werden. Die Infrastruktur hierfür steht aber noch ganz am Anfang. Gerade einmal drei öffentliche Wasserstofftankstellen – alle drei von der OMV betrieben – gibt es derzeit: eine in Wien, eine in Innsbruck und eine in Linz.
Verkehrsminister Jörg Leichtfried hat jüngst klargestellt, dass sich die Elektrifizierung des Verkehrs nicht nur auf Individualfahrzeuge beschränken dürfe, sondern Nutzfahrzeuge miteinschließen müsse: „Die Elektrifizierung des Güterverkehrs ist eine Conditio sine qua non für umweltfreundlichen Verkehr in der Zukunft“, sagte er im Februar anlässlich der Vorstellung eines reinen E-Lkw, der ab Ende des Jahres auf Österreichs Straßen rollen soll. Und dieser braucht nun einmal Ladestellen und keine Tankstellen.