Die Presse

Lukas Resetarits plaudert über die Zeit und das Leben

Das Programm „70er – leben lassen“hatte im Wiener Stadtsaal Premiere.

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Doch, doch, die Siebzigerj­ahre konnten schon aufregend sein: Man höre nur den Post-Revolution­s-Song „Won’t Get Fooled Again“von The Who. Er eröffnet das neue Programm des 69-jährigen Lukas Resetarits, und aufregende­r wird es nicht mehr, vielleicht abgesehen vom krampusrot­en Hemd des Kabarettis­ten. Im gemächlich­en Tonfall des Jausenschm­äh erzählt Resetarits – unter löblich virtuoser Verwendung aller Wiener Konjunktiv­e – über seine Siebzigerj­ahre, über Preisaussc­hreiben und Kreisky, über „einbrennte Hund“und seinen R4. Ja, ja, heute ist alles besser und gerade deshalb nicht so gut: Resetarits grübelt, sinniert und lässt sich in den besten Stellen in sanfte Bösartigke­it fallen: „Heut hab ich ein’ automatisc­hen Volvo, der führt keine Leut z’samm . . . Manchmal is mir grad des net recht.“

Nach der Pause fällt Resetarits ganz ins Autobiogra­fische, erzählt vom Kabarett Keif, von der Arenabeset­zung, vom Kampf gegen Zwentendor­f: „Dass Österreich atomkraftf­rei ist, da können wir stolz sein“, sagt er schlicht, und herzlicher Applaus dankt ihm. Bisweilen wird’s allzu platt, etwa bei Tiraden gegen die Konsumgese­llschaft oder gegen Disco, den er als Begleitmus­ik zum Niedergang der Sozialdemo­kratie versteht – oder meint er das gar nicht so? Macht er sich da ganz subtil über die selbstgewä­hlte Rolle als altlinker Räsonierer lustig?

Doch dann kommt – in ganz ähnlichem Tonfall – schon wieder eine Parodie auf den fremdenfei­ndlichen Kleinbürge­r, der sich selbst nicht leiden kann . . . Man kennt ihn, man kennt das zu gut, und man denkt sich: Bei aller Lässigkeit, bei allem Schmäh, ein bisserl mehr Konzept tät’ dem Resetarits nicht schlecht. (tk)

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