Die Presse

Erbrecht wurde endlich moderner

Reform. Die mit Jahresanfa­ng in Kraft getretenen Änderungen im gesetzlich­en Erbrecht räumen Unternehme­n weitreiche­nde Verbesseru­ngen ein und öffnen mehr Spielräume.

- VON HANS PLEININGER

Wien. Das Erbrecht zeitgemäße­r zu machen sei eine langjährig­e Forderung der Österreich­ischen Notariatsk­ammer. Immerhin beruht es auf dem ABGB und hat seine Wurzeln im Jahr 1811. „Seit dieser Zeit hat sich in den Strukturen viel geändert“, sagt der Notar und Sprecher der Wiener Notariatsk­ammer Markus Kaspar.

Mit der Erbrechtsr­eform, die mit Jahresanfa­ng 2017 umgesetzt wurde, hat für Kaspar „das Erbrecht moderne Aspekte bekommen“. Vor allem was Unternehme­n betreffe, seien einige Punkte ganz wichtig.

Verändert wurde das Pflichttei­lsrecht: So steht künftig den Vorfahren des Verstorben­en, also den Eltern oder Großeltern, kein Pflichttei­l mehr zu. „Weiter hat man jetzt die Möglichkei­t zu schauen, wie bringt man den Pflichttei­l auf“, sagt Kaspar. Denn vor 2017 konnte der Pflichttei­l sofort gefordert werden – und seit heuer erst ein Jahr nach Ableben. „Die Erfüllung des Pflichttei­lsanspruch­es kann auch testamenta­risch bis maximal fünf Jahre gestundet werden“, sagt der Notar „oder per Genehmigun­g des Gerichts sogar bis zu zehn Jahre – wenn der Fortbestan­d des Unternehme­ns gefährdet ist.“

Vier Prozent Zinsen

Auch Ratenzahlu­ng könne jetzt vereinbart werden. Bei der Stundung des Pflichttei­ls gibt’s für den Firmenerbe­n einen kleinen Nachteil: Denn das gestundete Kapital ist mit vier Prozent zu verzinsen.

Der Pflichttei­lsberechti­gte kann seinerseit­s eine Auszahlung beantragen, „wenn ihn die Stundung unbillig trifft – er also Geld braucht“, erklärt Kaspar. Somit müssen auch die Vermögensl­age und Interessen­lage der Pflichttei­lsberechti­gten berücksich­tigt werden. Kaspar: „Gibt’s dabei keine einvernehm­liche Lösung, bleibt nur der Gerichtswe­g.“

Erbberecht­igt sind nur leibliche oder adoptierte Kinder – Stiefkinde­r nicht. Eine Neuerung dabei: Hatte beispielsw­eise der verstor- bene Unternehme­r außereheli­che Kinder „und zu diesen über einen längeren Zeitraum keinen Kontakt, so gibt es mit der Novelle die Möglichkei­t, den Pflichttei­l auf die Hälfte zu reduzieren“, sagt Kaspar. Wobei der „längere Zeitraum“als Formulieru­ng im Gesetz steht, es aber keine Definition gibt. In der Regierungs­vorlage spricht man von etwa 20 Jahren.

Und auch Lebensgefä­hrten berücksich­tigt jetzt das Erbrecht. Erbberecht­igt sind sie aber nur, wenn keine gesetzlich­en Erben da sind. „Was fast nie vorkommt“, sagt Kaspar, Daher sei ein Testament empfehlens­wert, um die Le- bensgefähr­ten zu bedenken und abzusicher­n. Ein Testament zu machen hält Kapsar immer für ratsam: „Nur durch ein Testament kann ich gesetzlich­e Erbansprüc­he auf den Pflichttei­l mindern.“

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[ Elke Mayr ] Notariatsk­ammerSprec­her Markus Kaspar rät zur Absicherun­g von Erbansprüc­hen ein Testament zu machen.

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