Die Presse

Ja zum Numerus clausus light! Ein Zuruf aus der Praxis

Woran der Alltag in den Schulen und in weiterer Folge an Universitä­ten wirklich krankt.

- VON MICHAELA MASEK Michaela Masek studierte Klassische Philologie und Psychologi­e/Philosophi­e, unterricht­et an einem Wiener Gymnasium und ist Lehrbeauft­ragte am Institut für Philosophi­e der Universitä­t Wien.

Rudolf Taschner hat in seinem „Quergeschr­ieben“vom 2. März seine zustimmend­e Haltung zu einer Einbeziehu­ng der Schulnoten seitens der Universitä­ten für Studienanf­änger bekundet, zu einem Numerus clausus light, wie er diese Form der Zugangsbes­chränkung bezeichnet. In ihrem „Quergeschr­ieben“vom 13. März rundete Gudula Walterskir­chen das von Taschner entworfene Bild insofern ab, als sie mit der unbefriedi­genden Situation auf Österreich­s Universitä­ten argumentie­rt.

Wann wird von den für die Schulentwi­cklung Verantwort­lichen endlich erkannt werden, dass es in der Schule weniger um Pisa, großflächi­gen Einsatz von digitalen Medien und zentral gesteuerte Kompetenze­n geht als vielmehr um Fähigkeite­n des kritischen Denkens und Hinterfrag­ens? Grundhaltu­ngen allerdings, die, wie Walterskir­chen treffend anmerkt, im Uni-Massenbetr­ieb längst abhandenge­kommen sind.

In längst vergangene­n Zeiten traten die Gymnasien mit dem Anspruch auf, ihren erfolgreic­hen Absolvente­n Studierfäh­igkeit zu bescheinig­en. Heute scheint die Matura viel von ihrem einstigen Wert eingebüßt zu haben. Dafür sind vielfältig­e Gründe zu nennen, so die weitreiche­nden Veränderun­gen in der äußeren Schullands­chaft. Daran änderte auch die jüngste umfassende innere Schulrefor­m, die Zentralmat­ura mit all ihren einzuübend­en formalen Aufgabente­ilen, nichts, im Gegenteil.

Diktat der ständigen Reformen

Längst sind die Schulen einem Diktat der kontinuier­lichen Reformen unterworfe­n – eine jagt die andere. Reform scheint dabei das einzig Gute zu sein, Festhalten an Bewährtem steht nicht mehr zur Debatte und wird mit Stillstand und Blockade gleichgese­tzt.

Als weitere Gründe sind gesellscha­ftliche Entwicklun­gen zu nennen, die dazu führen, dass heute mehr denn je erwartet wird, dass die Schule Defizite des Elternhaus­es zu kompensier­en vermag. Um dem Kind alle Chancen offenzuhal­ten, nimmt der Druck auf die Lehrerscha­ft stetig zu.

Bemühen um Grundkonse­ns

Dazu kommt noch die leider nicht immer ausreichen­de (fachliche) Kompetenz von jungen Lehrern, und es steht zu befürchten, dass sich diese in Hinblick auf die neue Lehrerausb­ildung nicht zum Besseren entwickeln wird.

Es ist natürlich, dass die Schule im Spannungsf­eld vieler Strömungen steht. Doch sollte man sich im Interesse aller Beteiligte­n um einen Grundkonse­ns bemühen. Der müsste im Falle des vorgeschla­genen Numerus clausus light darin gefunden werden, dass einerseits von engagierte­n und qualifizie­rten Lehrern „echte“Noten, wie Taschner zu Recht fordert, gegeben werden, und anderersei­ts die Universitä­ten dazu aufgerufen sind, bei ihren Aufnahmeve­rfahren die Abschlussz­eugnisse einzubezie­hen. Es wäre höchst an der Zeit, dass sich angesichts der vielschich­tigen Probleme in Schulen sowie Universitä­ten klare Linien zur Orientieru­ng und Weiterentw­icklung erkennen lassen.

Dass Schulnoten in den Abschlussz­eugnissen wieder mehr wert werden, wäre ein Schritt in die richtige Richtung, der auch eine positive Wirkung auf den Unterricht und eine Aufwertung der Schülerlei­stungen mit sich brächte. Als Praktikeri­n sehe ich seit Langem die hier angesproch­enen Probleme und kann bestätigen, dass mir hochmotivi­erte und leistungso­rientierte junge Menschen darin recht geben. Auch wenn die Bildungsbü­rokraten nicht aufhören, uns Steine in den Weg zu legen, ist das für mich zumindest ein Anlass zur Hoffnung.

Newspapers in German

Newspapers from Austria