Die Presse

Heumarkt spaltet Vassilakou­s Grüne

Wien. Das Hochhauspr­ojekt treibt die Partei so weit auseinande­r, dass nun eine Urabstimmu­ng kommt. Neben dem Bauvorhabe­n geht es bei dem Streit auch um Sitze im Nationalra­t.

- FREITAG, 24. MÄRZ 2017 VON ANNA THALHAMMER

Wien. An den Hochhauspl­änen für das Heumarktar­eal scheiden sich nicht nur die Geister – sondern spalten sich auch die Wiener Grünen. Auf der Seite der Befürworte­r stehen Planungsst­adträtin Maria Vassilakou und der Grüne Rathausklu­b – auf der Gegnerseit­e die Grünen Innere Stadt, die vom Nationalra­tsabgeordn­eten und Kulturspre­cher Wolfgang Zinggl unterstütz­t werden.

Die Meinungsve­rschiedenh­eiten sind mittlerwei­le so groß, dass die Gegner laut „Presse“-Informatio­nen eine Urabstimmu­ng zu dem Projekt gefordert haben – die sie nun auch bekommen. Das bedeutet, dass alle Parteimitg­lieder der Wiener Grünen zum Heumarkt befragt werden.

Auf der sachlichen Ebene dreht sich bei dem Konflikt alles darum, dass Wien den Status Unesco-Weltkultur­erbe bei Projektums­etzung wohl verlieren wird. Der geplante Turm mit Luxuswohnu­ngen wäre höher, als das für die Unesco akzeptabel ist. Vassilakou ist das egal, dem ersten Bezirk nicht.

Weniger sachlich sind die Gerüchte und Anschuldig­ungen, die die Debatte begleiten. So streuen die Grünen Innere Stadt derzeit etwa Folgendes: Investor Michael Tojner bekomme die Widmung nur, weil er und der grüne Wohnbauspr­echer, Christoph Chorherr, miteinande­r verbandelt seien. Und zwar über die Firma Ithuba Capital, die dem SPÖ-nahen ehemaligen Bank-Austria-Vorstand Wilhelm Hemetsberg­er gehört – und die er einst von Michael Tojner gekauft hatte. Ithuba sponsort großzügig einen Verein, dessen Vorstand wiederum Chorherr ist und der Schulproje­kte in Afrika umsetzt.

Dieser weist jegliche Verbindung­en von sich: „Wie in meinem Buch beschriebe­n, gibt es die Zusammenar­beit mit Willi Hemetsberg­er schon seit 2008. Erstens kannte ich Tojner da noch gar nicht, zweitens war damals vom Heumarkt noch keine Rede, und drittens waren wir in Opposition“, sagt Chorherr. Außerdem verstehe er gar nicht, was er davon hätte, denn die Tätigkeit sei ehrenamtli­ch. „Das ist absurd, und ich finde es schade, dass Meinungsve­rschiedenh­eiten auf diesem tiefen Niveau ausgetrage­n werden.“

Angst um das Mandat

Betrachtet man den grünen Streit näher, liegt der Verdacht nahe, dass es um mehr als eine Meinungsve­rschiedenh­eit über ein Bauvorhabe­n geht. Auf Bundeseben­e verdichten sich Vorzeichen für Neuwahlen – auch die Grünen müssen somit neue Listen erstellen, die am Bundeskong­ress (vermutlich im Herbst) abgesegnet werden.

Derzeit haben die Grünen 24 Mandate. Zinggl sitzt auf einem Ticket der Wiener, die mit vier bis fünf Grundmanda­ten rechnen. Zinggl belegt derzeit Platz vier der Liste, aber sein Mandat wackelt. Die ersten drei Plätze sind wohl auch bei Neuwahlen fix und werden von Bundesspre­cherin Eva Glawischni­g, Justizspre­cher Albert Steinhause­r und Alev Korun, Menschenre­chtsbeauft­ragter, besetzt.

Für Zinggls Platz gibt es zwei weitere heiße Kandidaten: Ewa Dziedzic, die 2015 nur knapp den Einzug in den Gemeindera­t verpasste, und Markus Koza. Er ist Sekretär der grünen Gewerkscha­ft Auge und Liebling der Linken – ihm werden besonders gute Chancen nachgesagt. Wenn Koza Platz vier belegt, dann bedeutet das für Zinggl, dass er draußen ist – denn nach grüner Logik müsste dann auf Platz fünf auf einen Mann eine Frau folgen. Demnach muss sich Zinggl beweisen, und er beginnt, Anhänger hinter sich zu scharen. Das gilt übrigens als eine seiner großen Stärken – man sagt ihm nach, dass kaum jemand so viele Parteimitg­lieder angeworben hat wie er.

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[ Nightnurse ] Die Planungen für den neuen Turm am Heumarkt entspreche­n nicht den Vorgaben der Unesco.

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