Heumarkt spaltet Vassilakous Grüne
Wien. Das Hochhausprojekt treibt die Partei so weit auseinander, dass nun eine Urabstimmung kommt. Neben dem Bauvorhaben geht es bei dem Streit auch um Sitze im Nationalrat.
Wien. An den Hochhausplänen für das Heumarktareal scheiden sich nicht nur die Geister – sondern spalten sich auch die Wiener Grünen. Auf der Seite der Befürworter stehen Planungsstadträtin Maria Vassilakou und der Grüne Rathausklub – auf der Gegnerseite die Grünen Innere Stadt, die vom Nationalratsabgeordneten und Kultursprecher Wolfgang Zinggl unterstützt werden.
Die Meinungsverschiedenheiten sind mittlerweile so groß, dass die Gegner laut „Presse“-Informationen eine Urabstimmung zu dem Projekt gefordert haben – die sie nun auch bekommen. Das bedeutet, dass alle Parteimitglieder der Wiener Grünen zum Heumarkt befragt werden.
Auf der sachlichen Ebene dreht sich bei dem Konflikt alles darum, dass Wien den Status Unesco-Weltkulturerbe bei Projektumsetzung wohl verlieren wird. Der geplante Turm mit Luxuswohnungen wäre höher, als das für die Unesco akzeptabel ist. Vassilakou ist das egal, dem ersten Bezirk nicht.
Weniger sachlich sind die Gerüchte und Anschuldigungen, die die Debatte begleiten. So streuen die Grünen Innere Stadt derzeit etwa Folgendes: Investor Michael Tojner bekomme die Widmung nur, weil er und der grüne Wohnbausprecher, Christoph Chorherr, miteinander verbandelt seien. Und zwar über die Firma Ithuba Capital, die dem SPÖ-nahen ehemaligen Bank-Austria-Vorstand Wilhelm Hemetsberger gehört – und die er einst von Michael Tojner gekauft hatte. Ithuba sponsort großzügig einen Verein, dessen Vorstand wiederum Chorherr ist und der Schulprojekte in Afrika umsetzt.
Dieser weist jegliche Verbindungen von sich: „Wie in meinem Buch beschrieben, gibt es die Zusammenarbeit mit Willi Hemetsberger schon seit 2008. Erstens kannte ich Tojner da noch gar nicht, zweitens war damals vom Heumarkt noch keine Rede, und drittens waren wir in Opposition“, sagt Chorherr. Außerdem verstehe er gar nicht, was er davon hätte, denn die Tätigkeit sei ehrenamtlich. „Das ist absurd, und ich finde es schade, dass Meinungsverschiedenheiten auf diesem tiefen Niveau ausgetragen werden.“
Angst um das Mandat
Betrachtet man den grünen Streit näher, liegt der Verdacht nahe, dass es um mehr als eine Meinungsverschiedenheit über ein Bauvorhaben geht. Auf Bundesebene verdichten sich Vorzeichen für Neuwahlen – auch die Grünen müssen somit neue Listen erstellen, die am Bundeskongress (vermutlich im Herbst) abgesegnet werden.
Derzeit haben die Grünen 24 Mandate. Zinggl sitzt auf einem Ticket der Wiener, die mit vier bis fünf Grundmandaten rechnen. Zinggl belegt derzeit Platz vier der Liste, aber sein Mandat wackelt. Die ersten drei Plätze sind wohl auch bei Neuwahlen fix und werden von Bundessprecherin Eva Glawischnig, Justizsprecher Albert Steinhauser und Alev Korun, Menschenrechtsbeauftragter, besetzt.
Für Zinggls Platz gibt es zwei weitere heiße Kandidaten: Ewa Dziedzic, die 2015 nur knapp den Einzug in den Gemeinderat verpasste, und Markus Koza. Er ist Sekretär der grünen Gewerkschaft Auge und Liebling der Linken – ihm werden besonders gute Chancen nachgesagt. Wenn Koza Platz vier belegt, dann bedeutet das für Zinggl, dass er draußen ist – denn nach grüner Logik müsste dann auf Platz fünf auf einen Mann eine Frau folgen. Demnach muss sich Zinggl beweisen, und er beginnt, Anhänger hinter sich zu scharen. Das gilt übrigens als eine seiner großen Stärken – man sagt ihm nach, dass kaum jemand so viele Parteimitglieder angeworben hat wie er.