Sonne, Mond, Erde und der Frühlingspunkt
Heute
beginnt der Frühling“, sagen die Kinder am 20. März, und ich sage: „Nein, morgen“, was erstens nicht stimmt und einen zweitens später zum Grübeln bringt, warum das reflexhafte Rechthabenwollen mit dem Alter eher zunimmt, obwohl man jünger viel öfter recht gehabt hat, grundsätzlich gesehen.
Da es wichtig ist, den Dingen einen Namen und ein Datum zu geben, wird der Sache nachgegangen. Die Erinnerung, wonach früher immer am 21. März Frühlingsbeginn war, ist demnach richtig und falsch. Der astronomische Frühlingsanfang wird durch den Zeitpunkt definiert, wenn die Sonne den Himmelsäquator von Süden nach Norden überschritten hat und es zur Tag- und Nachtgleiche kommt. Das kann, muss aber nicht am 21. März sein. Genau genommen war es das zum letzten Mal im Jahr 2011, seitdem immer am Tag davor, und wenn alles stimmt, wird es erst 2102 wieder am 21. so weit sein. Das werden wir nicht mehr erleben. Kann man sich also daran gewöhnen, an den 20. März.
Manche Gewohnheiten hallen lang nach. Die katholische Tradition etwa, am Freitag auf Fleisch zu verzichten, ist nur noch wenigen bewusst, wird aber selbst von modernsten Gastrounternehmen und Restaurants wie selbstverständlich weiterhin befolgt. Von der Kantine bis zum Wirtshaus am Eck sowieso – am Freitag gibt es Fisch und Süßspeisen, selbst beim Vietnamesen ist der Kabeljau im Angebot.
Am Gründonnerstag kommen wir dann auch nicht am Spinat vorbei, was an den Großvater erinnert, der einem das als Kind erklärt hat, mit dem Greinen und dem Grün, aber auch das stimmt angeblich gar nicht so. Dieses Internet macht einem noch alles kaputt, woran man ein halbes Leben als Gewissheit festgehalten hat. Dann fragt noch ein Kind, warum Ostern kein fixes Datum hat, und man will loslegen, mit dem Vollmond und so weiter, aber wirklich wichtig ist eigentlich nur die Erkenntnis, dass Ostern immer zu früh kommt fürs Schwimmen und zu spät fürs Skifahren.