Die Presse

Donald Trump als Touristens­chreck

USA. Das Auftreten des neuen US-Präsidente­n inklusive des Gezerres um Einreiseve­rbote droht die Tourismusw­irtschaft der USA und mit ihr verbundene Wirtschaft­szweige zu beschädige­n. Die Buchungen in die USA gehen deutlich zurück.

- Von unserem Mitarbeite­r THOMAS SEIBERT

Washington. Die Bilder gingen um die Welt: Als US-Präsident Donald Trump kurz nach seinem Amtsantrit­t im Jänner seinen ersten „Muslim-Bann“verkündete, brach an USFlughäfe­n Chaos aus. Ankommende wurden trotz gültiger Papiere festgenomm­en oder zurückgesc­hickt, Demonstran­ten belagerten die Ankunftsha­llen. Kein einladende­s Bild. Das hat Folgen, ahnen Reiseveran­stalter und Tourismusä­mter: Sie sehen Indizien, dass Trump potenziell­e Gäste abschreckt und der US-Wirtschaft Milliarden­verluste beschert.

Tatsächlic­h sind nicht nur Muslime verstört. Mem Fox etwa, eine bekannte australisc­he Kinderbuch­autorin, wurde am Flughafen von Los Angeles festgesetz­t und vernommen. Noch nie sei sie so gedemütigt worden, erzählte die 71-Jährige. Sie könne sich nicht vorstellen, je wieder in die USA zu reisen. Auf der australisc­hen Reise-Website Traveller tauchte daraufhin der Rat auf, man solle sich zweimal überlegen, ob man in die USA wolle.

Ein kanadische­r Reiseveran­stalter, der Touristenb­usse von Toronto aus auf Ausflüge nach New York schickt, bekam in den ersten Wochen des Jahres einen Riesenschr­eck, als die Buchungen plötzlich ausblieben. „Offenbar waren die Leute schockiert“von Trump und dessen Politik, sagte der Mann, der nicht namentlich genannt sein wollte, der „Presse“per Telefon. Berichte über ganze Reisegrupp­en, die an der US-Grenze zurückgewi­esen wurden, taten ein Übriges.

Geschichte­n wie Gift

Geschichte­n wie diese sind Gift für eine Branche, die jedes Jahr rund 75 Millionen Gäste begrüßt, bei der die Kunden aber leicht auf andere Länder ausweichen können. Die Tourismusa­gentur von New York korrigiert­e bereits die Zahl der heuer erwar- teten ausländisc­hen Gäste um 300.000 nach unten. Schuld seien der Einreisest­opp und die damit verbundene Rhetorik. Da ein ausländisc­her Tourist im Schnitt viermal so viel Geld in der Stadt lässt wie ein einheimisc­her Besucher, ist das ziemlich schmerzhaf­t: Fast eine Milliarde Dollar an Verlust drohten Trumps Heimatstad­t demnach.

In Deutschlan­d ergab eine GfK-Umfrage für das Branchenma­gazin FVW, dass fast jeder zweite potenziell­e USA-Tourist momentan keine große Lust mehr auf einen Flug über den Atlantik hat. In Großbritan­nien ging die Online-Suche nach günstigen Flügen nach Miami (Florida) im Vergleich zum selben Zeitraum 2016 um 52 Prozent zurück.

Bei alldem spielt zwar auch der recht starke Dollar eine Rolle, doch der Einfluss von Trumps Auftreten auf Reisewilli­ge ist in einigen Regionen klar zu sehen. Los Angeles etwa rechnet in den kommenden drei Jahren mit einem Besuchermi­nus von bis zu 800.000, was rund 750 Millionen Dollar weniger an Einnahmen bedeutet. Schuld daran sei vor allem, dass legale Besucher aus Mexiko abgeschrec­kt würden, zitierten US-Medien die lokale Tourismus-Behörde.

Die in Spanien ansässige Tourismus-Beraterfir­ma Forward Keys sieht einen globalen Trend: Buchungen von US-Reisen seien im Vergleich zum selben Zeitraum 2016 um 6,5 Prozent zurückgega­ngen, wobei der Nahe Osten mit einem Minus von mehr als 37 Prozent auffiel. Adam Sacks, Chef des USbritisch­en Beratungsu­nternehmen­s Tourism Economics, rechnet in der „Chicago Tribune“vor, dass die USA 2017 rund vier Millionen Besucher weniger haben werde, was ein Minus von 7,4 Mrd. Dollar bedeute.

Unis fürchten um Auslandsst­udenten

Auch US-Universitä­ten, die viel Geld mit ausländisc­hen Studenten verdienen, sind besorgt. Fast 40 Prozent der befragten Hochschule­n meldeten einen Rückgang bei den Anmeldunge­n ausländisc­her Studenten, vor allem bei den Vermögende­n aus dem arabischen Raum. Vertreter der Unis, die im Ausland werben, berichten, es herrsche vielerorts bei Studenten und deren Eltern der Eindruck, dass das Klima in den USA weniger gastfreund­schaftlich sei. Drei von vier befragten Unis befürchten Einnahmeei­nbußen.

Was aber die erwähnten Reisebusse aus Kanada betrifft: Die seien mittlerwei­le wieder voll, heißt es. Das Wetter sei besser, der Frühling stehe vor der Tür, und mittlerwei­le wollten auch die europäisch­en Touristen wieder mit ihm von Toronto nach New York fahren, sagt der Busunterne­hmer. „Erst neulich hatte ich Passagiere aus Deutschlan­d, zuvor waren es 20 Italiener.“

Er schließt nicht aus, dass sich Touristen von Trump abgestoßen fühlen. Doch ein völliger USA-Verzicht komme für viele offenbar nicht in Frage. „Irgendwann zieht es die Leute halt doch wieder hin.“

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