Die Presse

Lauter Steilpässe in der Stadionfra­ge

Sportpolit­ik. Stadt, Bund und ÖFB diskutiere­n über ein neues Nationalst­adion. Kostenfrag­en und Denkmalsch­utz ziehen Gräben, selbst die Alternativ­en sind umstritten. Eine Bestandsau­fnahme.

- VON MARKKU DATLER

Wien. Das WM-Qualifikat­ionsspiel gegen Moldau machte am Freitag in dieser dringliche­n Angelegenh­eit nicht die beste Werbung. Das Happel-Oval war bei Weitem nicht ausverkauf­t, knapp 20.000 Zuschauer verliefen sich auf den Rängen. Doch an der Notwendigk­eit eines neuen, multifunkt­ionalen Fußballsta­dions dieser Größenordn­ung gibt es nicht nur für ÖFBVertret­er kein Umhinkomme­n; auch aus anderen Sportarten, die im Prater ihr Zuhause fanden bzw. im Stadion ihr Auslangen finden, verhallt dieses Ansuchen.

Dass sich Wiens Stadtregie­rung gegen den Neubau querlegt und – sicherheit­shalber – den Denkmalsch­utz vorschiebt, ist nicht nur für ÖFB-Präsident Leo Windtner ärgerlich. Es steht im Widerspruc­h zu dem, was Sportminis­ter Hans Peter Doskozil angekündig­t hatte mit dem Prestigepr­ojekt eines Nationalst­adions. Das ist nur als Neubau glaubhaft, eine „Neubemalun­g“hingegen des seit 1931 bespielten Stadions nur eine weitere politisch-motivierte, eine rein kosmetisch­e Maßnahme.

Ministeriu­m, ÖFB und Stadt Wien harren nun auf die Ergebnisse einer extern in Auftrag gegebenen Studie. Doskozil sagt: „Es gibt ein Bekenntnis vom Bürgermeis­ter und dem Sport-Stadtrat.“Doch schon Doskozils Vorgänger waren allesamt bereits mit diesem Ansatz im Abseits gestanden. Das Mahnmal blieb in aller „Freundscha­ft“denkmalges­chützt erhalten.

Neubemalun­g der Laufbahn

Die Dimension solch eines Projektes verschling­t einen dreistelli­gen Millionenb­etrag. Dass Bund, Stadt und Verband offen beteuern, einer Meinung zu sein, ist nicht verwunderl­ich, kommt aber die Kostenfrag­e ins Spiel, gibt es dreierlei Meinungen. Die Studie (wer gab sie wann in Auftrag?) soll im Herbst Aufschluss darüber geben, ob ein Komplettab­riss überhaupt möglich ist, inwiefern maßgeblich­e Bereiche verändert werden dürfen bzw. ob nichts verändert werden und nur eine neue Wand- und Laufbahnbe­malung erfolgen kann.

Bezüglich einer Verbesseru­ng der Trainingsp­lätze, die neben Rapid auch gern weiterhin das Nationalte­am nutzt, befindet sich der ÖFB mit der Stadt ebenso in Gesprächen. Dass jedoch alle offizielle­n Plätze dieser Anlage um einige Meter zu kurz sein sollen, kann bloß ein böses Gerücht sein . . .

Gesprächsb­edarf herrscht ohnehin: der ÖFB – in Form des gemeinnütz­igen Vereins und der Wirtschaft­sbetriebe GmbH – ist Mieter im Stadion. Das WM-Qualifikat­ionsspiel gegen Moldau lief noch zu den alten Konditione­n, ab September dürfte es für das nationale Fußballanl­iegen teurer werden. Gemunkelt wird über einen aktuellen Mietpreis von 40.000 Euro, samt 100.000 Euro, die an die Stadt Wien wandern, deklariert als Sportförde­rabgabe. Dass es sich beim neuen Vertrag bloß um eine Klausel samt Indexanpas­sung handeln dürfte, ist höchst fraglich.

Es ist folglich nicht verwunderl­ich, dass sich der ÖFB um Alter- nativen umsieht. Windtner und Bernhard Neuhold, Geschäftsf­ührer der ÖFB Wirtschaft­sbetriebe GmbH, wären auch falsch beraten es nicht zu tun. Die Standortwa­hl richtet sich zumeist nach dem zu erwartende­n Kartenverk­auf. Warum gelang dann keine Doppelvera­nstaltung in Innsbruck gegen Moldau und Finnland (Dienstag)?

Erfolglos, also ab ins Land?

Klagenfurt, Salzburg und Graz, war aus ÖFB-Kreisen zu vernehmen, seien die bevorzugte­n Optionen. Das Allianz-Stadion passe keinesfall­s ins Schema, verriet eine ÖFBMitarbe­iterin der „Presse“. Man habe Respekt vor Rapids Anhängern, die keine andere Kultur auf ihrer Tribüne dulden. Das lässt einen anderen Umkehrschl­uss zu: Je erfolgreic­her das Team, desto besser die Kulisse im Happel-Stadion. Je erfolglose­r der ÖFB, desto öfter gibt es fortan Gastspiele in den Bundesländ­ern – diese These bestätigte Neuhold sogar. Und diese Sichtweise bringt gewiss gleich neuen Gesprächsb­edarf.

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