Lauter Steilpässe in der Stadionfrage
Sportpolitik. Stadt, Bund und ÖFB diskutieren über ein neues Nationalstadion. Kostenfragen und Denkmalschutz ziehen Gräben, selbst die Alternativen sind umstritten. Eine Bestandsaufnahme.
Wien. Das WM-Qualifikationsspiel gegen Moldau machte am Freitag in dieser dringlichen Angelegenheit nicht die beste Werbung. Das Happel-Oval war bei Weitem nicht ausverkauft, knapp 20.000 Zuschauer verliefen sich auf den Rängen. Doch an der Notwendigkeit eines neuen, multifunktionalen Fußballstadions dieser Größenordnung gibt es nicht nur für ÖFBVertreter kein Umhinkommen; auch aus anderen Sportarten, die im Prater ihr Zuhause fanden bzw. im Stadion ihr Auslangen finden, verhallt dieses Ansuchen.
Dass sich Wiens Stadtregierung gegen den Neubau querlegt und – sicherheitshalber – den Denkmalschutz vorschiebt, ist nicht nur für ÖFB-Präsident Leo Windtner ärgerlich. Es steht im Widerspruch zu dem, was Sportminister Hans Peter Doskozil angekündigt hatte mit dem Prestigeprojekt eines Nationalstadions. Das ist nur als Neubau glaubhaft, eine „Neubemalung“hingegen des seit 1931 bespielten Stadions nur eine weitere politisch-motivierte, eine rein kosmetische Maßnahme.
Ministerium, ÖFB und Stadt Wien harren nun auf die Ergebnisse einer extern in Auftrag gegebenen Studie. Doskozil sagt: „Es gibt ein Bekenntnis vom Bürgermeister und dem Sport-Stadtrat.“Doch schon Doskozils Vorgänger waren allesamt bereits mit diesem Ansatz im Abseits gestanden. Das Mahnmal blieb in aller „Freundschaft“denkmalgeschützt erhalten.
Neubemalung der Laufbahn
Die Dimension solch eines Projektes verschlingt einen dreistelligen Millionenbetrag. Dass Bund, Stadt und Verband offen beteuern, einer Meinung zu sein, ist nicht verwunderlich, kommt aber die Kostenfrage ins Spiel, gibt es dreierlei Meinungen. Die Studie (wer gab sie wann in Auftrag?) soll im Herbst Aufschluss darüber geben, ob ein Komplettabriss überhaupt möglich ist, inwiefern maßgebliche Bereiche verändert werden dürfen bzw. ob nichts verändert werden und nur eine neue Wand- und Laufbahnbemalung erfolgen kann.
Bezüglich einer Verbesserung der Trainingsplätze, die neben Rapid auch gern weiterhin das Nationalteam nutzt, befindet sich der ÖFB mit der Stadt ebenso in Gesprächen. Dass jedoch alle offiziellen Plätze dieser Anlage um einige Meter zu kurz sein sollen, kann bloß ein böses Gerücht sein . . .
Gesprächsbedarf herrscht ohnehin: der ÖFB – in Form des gemeinnützigen Vereins und der Wirtschaftsbetriebe GmbH – ist Mieter im Stadion. Das WM-Qualifikationsspiel gegen Moldau lief noch zu den alten Konditionen, ab September dürfte es für das nationale Fußballanliegen teurer werden. Gemunkelt wird über einen aktuellen Mietpreis von 40.000 Euro, samt 100.000 Euro, die an die Stadt Wien wandern, deklariert als Sportförderabgabe. Dass es sich beim neuen Vertrag bloß um eine Klausel samt Indexanpassung handeln dürfte, ist höchst fraglich.
Es ist folglich nicht verwunderlich, dass sich der ÖFB um Alter- nativen umsieht. Windtner und Bernhard Neuhold, Geschäftsführer der ÖFB Wirtschaftsbetriebe GmbH, wären auch falsch beraten es nicht zu tun. Die Standortwahl richtet sich zumeist nach dem zu erwartenden Kartenverkauf. Warum gelang dann keine Doppelveranstaltung in Innsbruck gegen Moldau und Finnland (Dienstag)?
Erfolglos, also ab ins Land?
Klagenfurt, Salzburg und Graz, war aus ÖFB-Kreisen zu vernehmen, seien die bevorzugten Optionen. Das Allianz-Stadion passe keinesfalls ins Schema, verriet eine ÖFBMitarbeiterin der „Presse“. Man habe Respekt vor Rapids Anhängern, die keine andere Kultur auf ihrer Tribüne dulden. Das lässt einen anderen Umkehrschluss zu: Je erfolgreicher das Team, desto besser die Kulisse im Happel-Stadion. Je erfolgloser der ÖFB, desto öfter gibt es fortan Gastspiele in den Bundesländern – diese These bestätigte Neuhold sogar. Und diese Sichtweise bringt gewiss gleich neuen Gesprächsbedarf.