Die Steuern und der Geist von Breschnjew
Die Pläne in Sachen kalter Progression sind bürgerfeindlicher Murks.
Z uletzt war mehrfach davon die Rede, dass die Koalition ihren Streit um die Abschaffung der kalten Progression in der kommenden Woche beilegen und diese Abschaffung beschlussreif machen wolle.
Das ist ein ganz klassischer Fall von Fake News: Niemand will die kalte Progression (also die heimliche und ungerechtfertigte Steuererhöhung durch die Nichtanpassung von Steuerstufen an die Inflation) abschaffen. Bricht man die vorliegenden Modelle auf die schnöde Realität herunter, dann wird das ÖVP-Modell dazu führen, dass sich der Zeitabstand zwischen den regelmäßigen Teilrückvergütungen dieses Finanzministerkörberlgelds (also das, was man bisher großspurig Steuerreform genannt hat) ein wenig verkürzt: bei der derzeitigen Inflationsrate etwa von den bisher üblichen fünf auf rund dreieinhalb Jahre.
Das SPÖ-Modell legt da noch eine pseudosoziale Komponente drauf, indem es ein Umverteilungselement einbaut. Es sei nämlich ungerecht, dass ein Topverdiener bei einer Abschaffung der kalten Progression mehr „bekommt“als ein Mindestrentner.
Womit man schon sieht, dass da ein paar Leute Probleme mit dem Durchschauen des Steuersystems haben. Ein Mindestrentner „bekommt“nämlich in diesem Fall gar nichts. Weshalb auch jeder weiß, dass man Sozialpolitik nicht mit den Steuern macht, sondern mit den Sozialabgaben, die untere Einkommensschichten überproportional belasten. W as aber besonders fasziniert, ist die Denkungsart, die in diesem Zusammenhang hinter dem Wort „bekommt“steckt. Ein Steuerbürger „bekommt“also etwas, wenn ihm der Staat nicht mehr Teile seines Gehalts ungerechtfertigt wegnimmt. Zu Ende gedacht heißt das, Arbeitnehmer „bekommen“ihr Nettoeinkommen vom Staat, indem er es ihnen großzügig nicht auch noch wegbesteuert. Gegen diese Art Denke war der alte Breschnjew ja ein Wirtschaftsliberaler.
Liebe Regierung, nichts ist einfacher als die Abschaffung der kalten Progression. Das geht mit einem einzigen Satz im Einkommensteuergesetz. Was ihr hier plant, ist dagegen nichts als bürgerfeindlicher Murks.