Der Konzern, die Familie, der Streit
Familienkonzern. Den Skandalkonzern Telekom hat Gernot Schieszler schon lange verlassen. Doch auch als Vorstand der privaten Christof Holding hat er’s nicht lustig. Dort streitet die Familie.
Beruflich hat Gernot Schieszler schon so einige Lektionen gelernt. Lektion Nummer eins: In staatlichen Unternehmen kann es mitunter recht stürmisch zugehen. Schieszler war ja viele Jahre Manager in der skandalgebeutelten Telekom Austria. Dann verließ er das Unternehmen und wechselte quasi die Seiten – er wurde Kronzeuge der ermittelnden Staatsanwaltschaft. Jetzt ist er wieder einmal dabei, eine Lektion zu lernen. Nämlich: Es geht nicht unbedingt nur in Staatsunternehmen rund. Familienunternehmen können das auch recht gut. Diesmal geht es um den Vorstandsjob, den er seit 2010 hat. Beim Grazer Anlagenbauer Christof nämlich. Ein Privatunternehmen. Und dort findet sich Gernot Schieszler inmitten einer gnadenlosen Familienfehde wieder. Einer Fehde, die den Konzern ordentlich ins Wanken bringt.
Werfen wir doch einen kurzen Blick auf den Konzern, um den es geht: Die Christof-Gruppe wurde 1966 von Johann Christof gegründet. Über die Jahre wurde sie zu einem regelrechten Juwel der heimischen Industrie. Heute beschäftigt sie rund 3000 Mitarbeiter in den Bereichen Anlagenbau, Industrieservice, Energie- und Umwelttechnik sowie Oilfield Service.
Johann Christof konnte also mit seinem Lebenswerk zufrieden sein. Und das war er wohl auch. 2010 holte er Gernot Schieszler als Finanzvorstand, der sollte helfen, einen Weltkonzern nach dem Vorbild der ebenfalls in Graz sitzenden Andritz zu basteln.
Doch daraus wurde nichts. Dafür leidet der Konzern mittlerweile unter einem schleppenden Auftragseingang und schlechten Ertragszahlen. Er hat hypernervöse Banken am Hals, die den Wirtschaftsprüfer BDO ins Haus schickten. Und dessen Gutachten, das der „Presse“vorliegt, hat allerlei Probleme im Konzern eruiert.
Freilich: Für die wirtschaftliche Misere kann Schieszler nichts. Vielmehr ist die Malaise das Ergebnis einer jahrelangen Familienfehde – bei der Schieszler nun quasi zwischen zwei Stühlen sitzt.
2014 war die Christof-Welt jedenfalls noch in bester Ordnung: Da hatten Schieszler und Christofs Sohn, Hans Christof, sowie Vorstand Günter Dörflinger das beste Jahr der Konzerngeschichte vermeldet. Doch hinter den Kulissen rumorte es zwischen Vater und Sohn. Dem Vater war die internationale Expansionslust des Sohnes nicht geheuer, und der wiederum fühlte sich vom Altvorderen ausgebremst. Immerhin hatte Schieszler Geschäfte in der Golfregion und in Pakistan angebahnt, doch der Vater – nebenbei Aufsichtsratsvorsitzender – war damit ganz und gar nicht glücklich.
Die Sache spitzte sich über die Monate zu, da es auf Eigentümerseite ein handfestes Patt gab: Vater und Sohn hielten jeweils 50 Prozent der Anteile. Das Arbeitsklima wurde immer schlechter, eine Lösung musste her. Schließlich setzte Vater Christof Gernot Schieszler als Verhandlungsführer ein. Mit dem Ergebnis, dass ein Preis für den Hälfteanteil festgelegt wurde. Und Sohn Hans preschte vor: Wenn der Vater es innerhalb einer bestimmten Frist schaffe, die Finanzierung aufzustellen und ihn auszukaufen, dann solle es eben so sein. Andernfalls könne er den Anteil des Vaters billiger erwerben.
Schieszler setzte für den Vater alle Hebel in Bewegung und schaffte die Finanzierung der Transaktion. Die Raiffeisenlandesbanken Niederösterreich-Wien, Oberösterreich und Steiermark stellten einen hohen zweistelligen Kredit zur Verfügung. Es war der Startschuss für die Trennung von Vater und Sohn – persönlich und unternehmerisch. Per 2. Oktober 2015 wurde die Gruppe „entflochten“. Seitdem führt Sohn Hans die vergleichsweise kleine Christof Industries GmbH. Völlig getrennt von der Christof Holding AG.
Die Probleme waren damit aber keinesfalls vorbei, eigentlich begannen sie dann erst so richtig. Die Banken hatten nämlich den Kredit unter der Auflage gewährt, dass die operative Führung der Holding nicht mehr von Familienmitgliedern übernommen wird. Doch Christof senior setzte plötzlich seinen jüngeren Sohn, Stefan Christof, als Chef ein.
Was soll man sagen? Das Vertrauen der Banken bekam einmal einen ersten Riss. Nicht besonders hilfreich war, dass unter Stefan Christof der stellvertretende Aufsichtsratschef Peter Hadl verabschiedet wurde – er ist immerhin Partner beim Wirtschaftsprüfer PwC Styria. Gernot Schieszler wurde als Gesprächspartner der Banken abgezogen, und vor kurzem wurde auch dem Leiter des Konzerncontrollings, Thomas Sattler, die Tür gewiesen.
Die Banken wurden unrund. Wirtschaftsprüfer BDO wurde ersucht, ein Bild der Lage zu machen. Der Bericht wird sie nicht beruhigt haben. Für 2016 wird mit einem negativen operativen Ergebnis vor Steuern von rund 5,2 Millionen Euro gerechnet. Bei wichtigen Konzern-Standbeinen werden „geringe Auftragseingänge“konstatiert.
Das ist natürlich noch kein Beinbruch, kommt quasi in den besten Familien vor. Allerdings: Mit den Dividenden der Holding muss der noch aushaftende Kredit in Höhe von 30 Millionen Euro getilgt werden. Und das Verhältnis dieser Schulden zum Ertrag macht die Banken ziemlich nervös.
Was tun? Die Sache ist heikel, zumal Johann Christof in der Steiermark auch nicht irgendwer ist. Doch die Banken sorgen sich um die wirtschaftliche Perspektive des Konzerns – unter der Ägide des einigermaßen konservativen Christof senior und dessen einigermaßen unerfahrenen Filius. Der ließ der „Presse“ausrichten, der Umstrukturierungsprozess der Gruppe sei „voll im Gange“. Und der BDO-Bericht mache „eindeutig positive“Aussagen zur Entwicklung.
Insider zeichnen indes ein Szenario: Ende Juni – da muss die Bilanz 2016 erstellt sein – könnten die Banken den Kredit fällig stellen. Bei Uneinbringlichkeit könnte das Unternehmen verwertet werden. Angeblich sähen es die Banken gerne, wenn der einstige Konzernchef, der ausgekaufte Sohn Hans, wieder das Ruder übernähme.
Im Familienstreit würde das eher nicht helfen. Aber der Konzern hätte, so das Kalkül der Banken, wieder eine Chance, zu florieren. Ob mit oder ohne Gernot Schieszler – das ist nicht überliefert.