Bund muss für geschädigte AvW-Anleger nicht haften
OGH. AvW-Gläubiger haben bisher 20.000 Euro vom Steuerzahler erhalten. Weitere Schäden haben die Geschädigten nun selbst zu tragen.
Anleger wird die Entscheidung empören, aber viele österreichische Steuerzahler werden sich erfreut die Hände reiben. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat entschieden (1Ob 73/16s), dass der Bund nicht noch mehr als schon bisher für die Schäden der AvW-Anleger zu haften hat. „Die Causa AvW ist damit endgültig vom Tisch. Die Finanzprokuratur hat Schadensersatzansprüche von bis zu 200 Mio. Euro vom Staat abgewendet“, heißt es dazu aus dem Finanzministerium.
Das Erstgericht hat sich noch der Argumentation der zahlreichen Anleger angeschlossen. Demzufolge hätten den Prüfern der Bundeswertpapieraufsichtsbehörde (BWA, die Vorgängerbehörde der Finanzmarktaufsicht) bereits 2000 und 2001 massive Zweifel am Genussscheinkonstrukt des Investmentunternehmens von Wolfgang Auer-Welsbach kommen müssen. Es hätte genügend Indizien gegeben, die schon damals auf Betrügereien hingewiesen hätten. Die BWA hätte es verabsäumt, dem Verdacht nachzugehen, dass Auer-Welsbach die Kurse manipuliert hätte.
Die Anleger jubelten ob dieser Entscheidung – allerdings zu früh. Denn schon das Oberlandesgericht Wien hebelte das Urteil im Februar 2016 aus. Die Anleger nahmen das freilich nicht hin und bekämpften den Entscheid.
BWA handelte rechtmäßig
Jetzt sprach der OGH auf 65 Seiten das Machtwort. Der erste Senat sieht keinerlei Indiz dafür, dass die Behörde ihre Pflichten verletzt habe. Im Gegenteil, sie habe alles getan, was sie tun musste. Schließlich habe die BWA bei der AvW erhebliche Umstrukturierungen angeordnet, die auch wirklich durchgeführt worden seien.
Das zeige sich auch daran, dass gegen den Kärntner Strafverfahren eingeleitet worden sind, nachdem er seine Anleger weder ausreichend informiert noch beraten habe, so der OGH. Tatsächlich wurde der Boss der insolventen AvW 2011 zu acht Jahren Haft wegen gewerbsmäßig schweren Betrugs, Untreue, betrügerischer Krida, Bilanzfälschung und Beweismittelfälschung verurteilt. Im Juni 2016 wurde Auer-Welsbach aus der Haft entlassen.
Doch was heißt das Urteil nun für die rund 12.500 Geschädigten? Die Kleinanleger unter ihnen, konkret jene, die nicht mehr als 20.000 Euro bei AvW investiert haben, muss das Urteil nicht jucken. Für sie ist der Steuerzahler schon in die Bresche gesprungen.
Eigentlich wäre das die Aufgabe der Anlegerentschädigung von Wertpapierfirmen ( AeW) gewesen, wie der OGH in einem Urteil ausdrücklich festhielt. Allerdings sind die Kompensationszahlungen der AeW an jeden Anleger mit 20.000 Euro gedeckelt. Doch diesen Betrag aufzubringen, dazu sah sich die Haftungsgesellschaft AeW nicht imstande. „Der Schaden muss solidarisiert werden“, sagte der AeW-Geschäftsführer Johannes Gotsmy damals. Und genau das geschah auch: Der Finanzminister machte recht prompt 148 Mio. Euro aus dem Budget für die Anlegerentschädigung locker.
Bleiben noch jene Anleger, die über 20.000 Euro in die AvWWertpapiere gepulvert haben. Sie trifft das OGH-Urteil hart. Sie müssen den darüber hinausgehenden Schaden für ihr riskantes Investment nun selbst tragen.
Viele wird das Urteil überraschen. Bisher konnte man dem OGH nicht vorwerfen, er würde tendenziell die Republik und daher die Steuerzahler schonen. Das zeigt der Amis-Fall. Der OGH sprach damals den Geschädigten wegen Verfehlungen der BWA einen zweistelligen Millionenbetrag zu.