Die Presse

Ein Auf und Ab: Das Bild der Regentin

Die Darstellun­gen der österreich­ischen Herrscheri­n waren in der Bevölkerun­g einmal begehrt, bei militärisc­hen Niederlage­n und Lebensmitt­elknapphei­t aber nicht gefragt.

- VON ERICH WITZMANN

Gemälde, Flugblätte­r, Druckgrafi­ken, Huldigungs­schriften, Medaillons, Münzen – bei all diesen Abbildunge­n ist die Darstellun­g der Regentin Maria Theresia ähnlich ausgeführt. „Die Bilder sind recht beschönige­nd, wobei der Schwerpunk­t beim Gesicht lag“, sagt die Historiker­in und Medienwiss­enschaftle­rin Sandra Hertel. „Denn das Porträtbil­d musste eine hohe Wiedererke­nnung beinhalten.“Natürlich gab es im 18. Jahrhunder­t eine Zensur, die erst Josef II. etwas lockerte, natürlich bestimmte Maria Theresia nach Vorstudien der zum Hof berufenen Maler die letztliche Ausführung.

Sandra Hertel und ihre Kollegin Stefanie Linsboth, eine Kunsthisto­rikerin und Religionsw­issenschaf­tlerin, sind im Institut für kunst- und musikhisto­rische Forschunge­n der Akademie der Wissenscha­ften (ÖAW) tätig und im Forschungs­projekt des Wissenscha­ftsfonds FWF „Herrscherp­räsentatio­n und Geschichts­kultur unter Maria Theresia (1740–1780)“eingebunde­n. Einer der Schwerpunk­te der beiden jungen Wissenscha­ftlerinnen liegt bei der Selbstinsz­enierung der österreich­ischen Erzherzogi­n und ungarische­n sowie böhmischen Königin.

Propaganda über Flugblätte­r

Die Flugblätte­r waren damals das vielleicht wichtigste Kommunikat­ionsmittel. „In ihren ersten Jahren nach Karl VI. sollten sie die Kontinuitä­t vermitteln, sie sollten zeigen, dass es in der Herrschaft keine Unterbrech­ung gab“, sagt Sandra Hertel. Und dass Maria Theresia auch als Frau die Dynastie weiterführ­te. Es gab teure Kupferstic­he für den Adel und das gehobene Bürgertum, weniger sorgfältig ausgeführt­e Bilder waren billig und wurden für die niedrigere Untertanen­schicht produziert.

Bezüglich der Nachfrage nach Bildern der Landesfürs­tin gab es ein Auf und Ab. Nach dem Tod von Karl VI. war man auch in Wien skeptisch, ob sich die Tochter behaupten konnte. Mit der Geburt des ersten Sohnes 1741 stieg ihre Beliebthei­t und damit die Nachfrage nach Kupferstic­hen mit ihrem Konterfei. Bei militärisc­hen Niederlage­n, vor allem den damit verbundene­n Zeiten eines Lebensmitt­elmangels oder bei der anfangs abgelehnte­n Verwaltung­sreform, bei der die Unabhängig­keit einzelner Länder beschnitte­n wurde, sank die Popularitä­t Maria Theresias und damit auch der Absatz der Kupferstic­he mit ihrem Abbild. Anderersei­ts stieg die Nachfrage, als 1744 im Zweiten Schlesisch­en Krieg Prag von den Preußen zurückgewo­nnen wurde.

Die gehobene Porträtmal­erei erlebte in der höfischen Kultur im 18. Jahrhunder­t einen Höhepunkt. Maria Theresia holte den Niederländ­er Martin van Meytens (1695– 1770) nach Wien, wo er zum kaiserlich­en Kammermale­r aufstieg. Anton von Maron (1731–1808), der an der Wiener Kunstakade­mie studierte und später in Rom lebte, malte die Herrscheri­n ebenso wie Pompeo Batoni (1708–1787) und JeanE´tienne Liotard (1702–1789).

Sie wollte einem bestimmten Schönheits­ideal entspreche­n. So weist Sandra Hertel auf die Wespentail­le Maria Theresias hin, auch zu einer Zeit, als die 16-fache Mutter gar nicht mehr so schlank sein konnte. Erst in ihrer späteren Lebensphas­e ließ sie sich mit einem weiteren Körperumfa­ng darstellen. Oder man zeigte sich im modischen Trend. Im 18. Jahrhunder­t erfasste die Türkenmode ganz Europa und auch Österreich. Maria Theresia feierte nicht nur 1743 ein türkisches Fest in Schönbrunn, sie ließ sich auch von Liotard in türkischer Tracht porträtier­en – und dies, obwohl ihr Vater Karl VI. erst 1739 seinen letzten Türkenkrie­g beendete und ihr Sohn Josef II. 1787 wieder einen Türkenkrie­g begann.

In Miniaturen und Andachtsbi­ldern ließ sich Maria Theresia wiederum als fromme Herrscheri­n darstellen, sagt Stefanie Linsboth. Da widmet sie sich beispielsw­eise der religiösen Lektüre, betete oder huldigte einem Gnadenbild.

Spottbilde­r aus dem Ausland

Negative Abbildunge­n – Karikature­n und Spottmünze­n – gab es auch, sie wurden im feindliche­n Ausland hergestell­t. Einmal wurde die Habsburger­in nackt dargestell­t, mit den Händen vor ihrem Busen. Trotz Zensur kamen diese Abbildunge­n bis nach Österreich.

Das FWF-Projekt zur Herrscherp­räsentatio­n Maria Theresias ist bis Ende 2017 ausgelegt und wird von Werner Telesko, Direktor des ÖAW-Instituts für kunst- und musikhisto­rische Forschunge­n, geleitet. Telesko kuratiert mit Elfriede Iby die Maria-Theresia-Ausstellun­g im Hofmobilie­ndepot Wien. Die Mitarbeite­rinnen Hertel und Linsboth sind zudem die Organisato­rinnen der internatio­nalen ÖAWKonfere­nz „Maria Theresia: Repräsenta­tion und visuelle Kommunikat­ion“(29.–31. März in Wien).

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[ Wikipedia] Herrscheri­n mit Wespentail­le – gemalt von Martin van Meytens.

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