Mikroskope, die Spannung messen
Auch im Mikrometerbereich sind innere Spannungen wichtig: Heimische Forscher entwickeln Methoden, um diese zu bestimmen.
Innere Spannungen in Materialien sind ein wichtiges Thema in vielen Industriezweigen. Im Alltag kennt man die Problematik von Glas, das ohne Vorwarnung springen kann, aufgrund von Spannung, die beim Abkühlprozess entstanden ist. Ähnliche Probleme gibt es bei der Produktion von Eisenbahnschienen oder in der Luftfahrtindustrie. Manchmal sind innere Kräfte sogar gewünscht – sie können die Widerstandsfähigkeit erhöhen. Zur Messung der Spannungen in einem Material gibt es deshalb Standardmethoden. Im Mikrometerbereich, also bei Strukturen mit einer Größe von etwa einem Tausendstel Millimeter, fehlte es aber bisher an geeigneten Messgeräten. Solche zu entwickeln war das Ziel eines EU-Projekts namens „iStress“.
Kann in einem Computerchip passieren
Neben Forschungsinstituten aus Deutschland, der Schweiz, Italien und Großbritannien war auch die Montan-Universität Leoben beteiligt. Rostislav Daniel vom Department für Metallkunde und Werkstoffprüfung betont die Wichtigkeit einer Methode, die im Mikrometerbereich funktioniert: „Das typische Beispiel sind mikroelektronische Bauteile. Diese sind normalerweise sehr komplex, dabei werden viele unterschiedliche Materialien in Sandwichbauweise kombiniert. Bei Erhöhung der Temperatur verhalten sie sich unterschiedlich, weil sie verschiedene Ausdehnungskoeffizienten haben. Das kann etwa in einem Computerchip passieren, durch den hohe Ströme fließen. Wenn dieser warm wird, entstehen hohe Spannungen. Dabei können sich Risse bilden und die Bauteile versagen.“
Die Oberfläche verzieht sich
Bisher gab es nur einige sehr spezielle Messmethoden für kleine Strukturen, etwa die Durchleuchtung mit Röntgenstrahlen, die nur bei kristallinen Materialien funktioniert. „Die neue Methode, die wir entwickelt ha- ben, hat den Vorteil, dass man wirklich alle Arten von Materialien untersuchen kann“, erklärt Daniel. Das Prinzip ist nicht schwer zu verstehen: Zuerst wird ein winziges Raster aus Punkten auf das Material aufgebracht. Danach trägt man um diesen Bereich Material ab. Durch die Veränderung der Festigkeit verzieht sich die Oberfläche und mit ihr das Raster.
Diese Verformung lässt sich abbilden, und so kann man die Spannung im Material bestimmen, auch im Inneren des Materials. Diese Eingriffe sind dabei klein genug, um die Funktion von Bauteilen nicht zu beeinträchtigen. Durchgeführt werden all diese Vorgänge mit einem Raster-Elektronenmikroskop.
Dieser Mikroskoptyp verfügt über einen sehr feinen Elektronenstrahl, der über die Probe bewegt werden kann, um sie so Punkt für Punkt abzubilden. Zusätzlich wird eine Ionenquelle benötigt, die schwere, geladene Atome mit hoher Geschwindigkeit abgibt, um damit Material abtragen zu können.
Messung funktioniert auf Knopfdruck
„Diese Geräte haben sich in den vergangenen Jahren stark weiterentwickelt“, erzählt Daniel. „Sie sind nicht mehr so teuer und inzwischen in der Industrie üblich. Ein Ziel des Projekts war, den Prozess zu automatisieren, sodass die Messung der Spannung mittels Knopfdruck funktioniert. Wir haben ein automatisiertes Modul dafür entwickelt.“
Rostislav Daniel war im Rahmen des Projekts für Präzisionsmessungen zur Kalibrierung der neuen Messmethode zuständig. „Die Methode misst genau genommen nicht die Spannung selbst, sondern die Dehnung des Materials“, sagt der Materialwissenschaftler. „Die genaue Berechnung ist schwierig. Unsere Rolle war, dünne Schichten mit genau definiertem Spannungsprofil auf einem ausgewählten Substratmaterial