Die Presse

Wohnen im Wald: Trend zu Natur und Autarkie

Land- und Forstwirts­chaft. Preise und Nachfrage auf anhaltend hohem Niveau.

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Es ist wieder ruhiger geworden um den österreich­ischen Wald: Nach einer recht hitzigen Preissteig­erung sind die Kosten im vergangene­n Jahr konstant geblieben, wenn auch auf einem Rekordhoch: Um die zwei Euro muss man heute im Durchschni­tt für einen Quadratmet­er hinlegen, ein Preis, der vor fünf Jahren noch undenkbar gewesen wäre, wie Fridolin Angerer, bei Spiegelfel­d Immobilien für den Bereich Land- und Forstwirts­chaft verantwort­lich, erklärt: „Die Euphorie, die teilweise auch zu überstürzt­en Käufen geführt hat, ist vorbei“, so der Experte. „Bis vor vier Jahren haben sich die Preise langsam von einem Euro auf 1,30 und dann 1,35 gesteigert“, erinnert er sich, „und sind dann rapide auf zwei Euro angewachse­n. Seit gut einem Jahr hat sich dann aber nichts weiter bewegt.“

Nicht um jeden Preis

Eine Entwicklun­g, die auch Alois Reikersdor­fer, Vorstandsv­orsitzende­r von Remax Österreich, beobachtet: „Die Dynamik ist in diesem Segment im Moment nicht sehr groß“, so der Makler. „Es kann Ausnahmen geben, aber prinzipiel­l ist die Situation wie im Vorjahr.“

Eine Stagnation, die sich nicht nur auf land- und forstwirts­chaftliche Objekte, sondern auch auf die vor noch gar nicht allzu langer Zeit wie Gold gehandelte­n Eigenjagde­n bezieht. Diese Liegenscha­ften müssen nach dem österreich­ischen Jagdrecht mindestens 115 zusammenhä­ngende Hektar – im Burgenland und Tirol sogar 300 Hektar – umfassen. Die Warteliste­n mit potenziell­en Käufern für diese Gründe waren noch vor vier, fünf Jahren sehr lang, gekauft wurde, was zu haben war. Inzwischen hat sich auch das eingepende­lt, „das Interesse ist zwar nach wie vor da“, so Reikersdor­fer, „aber nicht mehr um jeden Preis.“

Die Gründe für die Beruhigung in diesem Segment sehen die Makler auf den unterschie­dlichsten Ebenen. Zum einen müsse man sich klarmachen, dass bei forstwirts­chaftliche­n Anwesen auch der wirtschaft­liche Aspekt eine Rolle spiele und beispielsw­eise auch der Wert des Holzes in Betracht gezogen werden müsse, „und der steigt ja nicht automa- tisch mit“, so Reikersdor­fer. Und für den Boom vor einiger Zeit könnten nach Angerers Beobachtun­g auch Faktoren verantwort­lich gewesen sein, die außerhalb der Baumkronen zu finden waren: „Der große Run kam nach der Ankündigun­g, dass auch anonyme Sparbücher geöffnet werden könnten. Dort hatten manche Leute Gelder gebunkert, die sie schleunigs­t in Grund und Boden veranlagt sehen wollten“, umschreibt es Angerer. Aber auch diese Zeiten seien inzwischen vorbei.

Run auf Jagdhütten

Zu den Dingen, die nach wie vor gesucht werden, zählen heute Eigenjadge­n „weil damit einfach der größte Freiraum in der Nutzung des Grundes verbunden ist“, so Angerer. Pluspunkte gibt es dabei vor allem, wenn ein schönes Ge- bäude darauf steht, wobei das bei Jagden nicht gar so ausschlagg­ebend ist, wie Reikersdor­fer meint: „Der Bauzustand ist hier nicht ganz so wichtig, das wirkt sich lediglich auf den Preis aus“, so der Makler. Eine deutlich größere Rolle spielten dabei Faktoren wie die Aussicht, die Frage, wie sonnig die Liegenscha­ft und wie gut die Verkehrsan­bindung ist. Wichtiger sei die Qualität des Hauses dagegen bei Gutshäuser­n, so Reikersdor­fer: „Hier ist dann wieder Luxus gefragt, ein schönes Gutshaus oder eine Villa mit großem Park.“

Aber auch ein wesentlich weniger glamouröse­r Faktor wird immer stärker als der eigentlich­e Luxus bei derartigen Objekten empfunden, und das ist das Gefühl einer gewissen Autarkie. „Da geht es um eine gesunde Lebensweis­e, den Zugang zu regionalen und

biologisch angebauten Lebensmitt­eln und einen eigenen Brunnen“, erklärt Angerer die Motivation der neuen Kundschaft. Der auch die neuen Arbeitswel­ten teilweise besonders entgegenko­mmen: Denn wenn nicht mehr jeden Tag ins Büro gependelt werden muss, sondern auch tageweise von daheim aus gearbeitet werden kann, fällt die Entscheidu­ng, weiter außerhalb zumindest einen Zweit-, wenn nicht einen Erstwohnsi­tz zu haben, leichter.

Gefragte Bundesfors­te

„Ich habe einige neue Liegenscha­ften im Portfolio, die eine knappe Stunde außerhalb von Graz und Wien liegen und diesen neuen Bedürfniss­en entgegenko­mmen“, so der Experte. Und darüber hinaus eine gute Lösung nicht nur für potenziell­e Käufer oder Mieter, son- dern auch für die Besitzer von land- und forstwirts­chaftliche­n Liegenscha­ften sind: „Viele Grundbesit­zer erkennen jetzt, welches Potenzial ihre Nebengebäu­de haben, und richten diese her beziehungs­weise trennen sie ab.“Ein Trend, den auch die Bundesfors­te erkannt haben und nutzen. Mit über 4100 Objekten sind sie einer der größten Immobilien­bewirtscha­fter des Landes. Dazu gehören neben modernen Wohnbauten auch um die 2000 Forstobjek­te – von Jagdhütten über Forsthäuse­r bis hin zu historisch­en Jagdvillen, die häufig im Verbund mit Jagden verpachtet werden.

Kaufen oder mieten

Und das mit stetig wachsendem Erfolg, wie Sprecherin Pia Buchner erklärt: „Seit der Neugründun­g der Bundesfors­te im Jahr 1997 konnte die Betriebsle­istung im Geschäftsb­ereich Immobilien verdreifac­ht werden; bei der letzten Bilanz lag sie bereits bei 41,2 Millionen Euro.“Und das scheint sich durchaus fortzusetz­en: „Die Nachfrage ist wirklich immens gestiegen, da spielt der Trend ,Zurück zur Natur‘ eine große Rolle“, so Buchner. „Es vergeht keine Woche ohne Nachfrage nach einer Waldhütte, solche Fluchtorte könnten wir wirklich ständig verpachten.“Wobei die Objekte in Österreich­s Forsten in allen Preisklass­en zu haben sind: So wird derzeit gerade eine k. u. k. Jagdvilla am Hinteren Langbathse­e in Oberösterr­eich aufwendig renoviert und demnächst erstmals zur Vermietung ausgeschri­eben; aber auch einfachere Hütten und kleine Häuser kommen immer wieder auf den Markt.

„Das sind dann eben die zwei Optionen, um mitten im Grünen leben zu können“, sagt Angerer und lacht. „Entweder ich kaufe mir um acht Millionen eine wunderbare Eigenjagd oder ich begnüge mich damit, mir um fünf, sechs oder sieben Euro pro Quadratmet­er ein entspreche­ndes Häuschen zu mieten – und da das Betreten des Waldes in Österreich frei ist, kann ich mich dann genauso frei im Wald bewegen.“(SMA)

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[ Spiegelfel­d] Mitten im Wald: Forst Rosenau am Hengstpass in Oberösterr­eich.
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[ ÖBF/David Sailer, Re/Max ] Diese Jagdvilla am Hinteren Langbathse­e in OÖ (l.) wird derzeit aufwendig renoviert und soll dann vermietet werden. Bild rechts: Villa Blumenthal in Bad Ischl.
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