Konkurrenz um die besten Köpfe
Ein großer Teil des FH-Lehrpersonals sind Quereinsteiger, die ihre Berufserfahrung in den akademischen Betrieb einbringen. Sie zu rekrutieren ist für Hochschulen nicht immer einfach.
Praxisbezug zählt zu den großen Trümpfen von FH-Studiengängen und ist auch gesetzlich als leitender Grundsatz dieses Hochschultyps verankert. Im realen Studienbetrieb wird dieser vor allem durch Lehrende verkörpert, die nicht aus dem akademischen Betrieb kommen. Bei der Rekrutierung dieser Profis als Lehrende konkurrieren Fachhochschulen oft mit lukrativeren Branchen.
Technik und Wirtschaft gefragt
„Schwierig ist es in Bereichen, in denen Fachkräfte auch von der Wirtschaft heiß begehrt sind“, sagt Doris Walter, Geschäftsführerin der FH Salzburg. Dies sei besonders in technischen Fächern und der Betriebswirtschaft herausfordernd. In den neuen Studiengängen Smart Building und Smart Buildings in Smart Cities etwa würden Experten für energieoptimierte Technik gesucht. „Davon gibt es nicht viele auf dem Arbeitsmarkt, und diese werden auch von der Bauwirtschaft wie der öffentlichen Hand stark umworben.“
Die FH Salzburg lockt daher mit Faktoren, die die Lebensqualität erhöhen sollen, wie flexible Arbeitszeit ohne Kernzeiten und einer Jahresdurchrechnung, die etwa lange Sommerferien ermöglicht – was bei der GmbH-Organisation der FH und den somit üblichen fünf Urlaubswochen nicht selbstverständlich sei. Für Personen, die aus der Wirtschaft kom- men, sei eine FH-Tätigkeit manchmal dadurch vorteilhaft, dass sie sich gut in eine bestimmte Lebensphase einfüge. „Sie wollen entweder keinen Umsatzdruck mehr oder keinen Reisedruck. Oder sie wollen eine Familie gründen und sich deshalb setteln. Wir hatten aber auch schon einen früheren Finanzvorstand eines Riesenkonzerns, der mit 50 Jahren beschloss, nun der Jugend etwas weitergeben zu wollen“, sagt Walter. Für externe Lehrende motivierend seien – abgesehen von der Freude –, mit jungen Menschen zu arbeiten und die eigene Erfahrung weiterzugeben – auch gemeinsame Projekte, Praktika und das gemeinsame Interesse, Fachkräfte von morgen gut auszubilden. Auch in die andere Richtung – Tätigkeiten von Lehrpersonal in der Wirtschaft – zeigt man sich an der FH Salzburg entgegenkommend. „Man muss sich dafür natürlich freinehmen, aber grundsätzlich sind wir offen, weil die Lehrenden dadurch in der Praxis bleiben“, so Walter. Zudem gäbe es die Möglichkeit für Sabbaticals und sogar einen bezahlten Forschungs- oder Praxisfreimonat.
Andere Voraussetzungen dürften Fachhochschulen vorfinden, an deren Standort auch Technische oder wirtschaftliche Universitäten angesiedelt sind. Relativ gelassen klingt beispielsweise die Antwort der FH Technikum Wien (FHTW) auf die Frage, wie schwierig es für sie sei, bei der Rekrutierung von Personal mit der Wirtschaft zu konkurrieren. Der Bildungsbereich als Arbeitgeber biete andere Vorteile, wenn auch nicht immer in monetärer Hinsicht, sagt die stellvertretende Geschäftsführerin Angelika Ott. Allerdings sei es grundsätzlich eine Herausforderung, gutes Personal für Leitungsfunktionen zu finden. „Denn neben der fachlichen Qualifikation sind für diese Positionen Führungsqualitäten entscheidend, und beides findet man nicht immer vereint.“Hier ist es laut Ott am schwierigsten, die „jungen“Bereiche der Technik und Informatik zu besetzen wie erneuerbare Energien oder Smart Homes/Assistive Technologien. Die FH Technikum setze daher auf interne Weiterentwicklung der Mitarbeiter. Als sehr wichtigen Aspekt erachtet Ott die Weiterentwicklung im akademischen Bereich. Ein eigener Karrierepfad soll hier Jungforschern eine längerfristige Perspektive bieten.
Rekrutierung via Netzwerk
Für Lehrende mit geringfügiger Lehrtätigkeit sei ihrer Meinung nach kaum das Geld die Hauptmotivation. „Eher ist es ihnen ein Bedürfnis, den jungen Leuten ihre Erfahrungen weiterzugeben. Was das Rekrutieren externer Lehrender betrifft, können wir jedenfalls auf unser gutes Netzwerk zu Wirtschaft und Industrie verweisen“, sagt Ott.
Interessant ist auch die Situation im Raum Graz, wo es sowohl eine Universität und eine TU als auch zahlreiche Betriebe im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich gibt. Die Herausforderung für die dortige FH Joanneum als Hochschule für Angewandte Wissenschaften besteht laut Rektor Karl Peter Pfeiffer darin, Lehrende zu finden, die sowohl akademische Kompetenzen als auch Berufs- und Managementerfahrung mitbrächten. „Es ist nicht leicht, Personen zu finden, die beide Kompetenzen vereinen. Wenn sie jedoch über diese verfügen, sind sie auf dem Hochschulmarkt und in Unternehmen sehr gefragt.“Eher schwierig sei die Personalsuche in den Bereichen IT, IT-Security, Engineering sowie in Studienrichtungen, die technologie- oder ERP-getrieben seien.
Auf den immer stärker werdenden Wettbewerb um die besten Köpfe reagiere man mit entsprechenden Maßnahmen, sagt Günter Riegler, kaufmännischer Geschäftsführer der FH Joanneum. Dazu gehört ein eben beschlossenes Funktionen- und Karrieremodell für Forschung und Lehre. „Flankierend gibt es erweiterte Home-Office-Möglichkeiten bis hin zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie.“Gefragt nach Konditionen abseits des Gehalts, die im Bewerbungsgespräch eine Rolle spielen, nennt Peter Reininghaus, Leiter der Abteilung Personal und Recht, persönliche Weiterbildung als wichtigen Punkt. Lehraufträge werden laut Reininghaus prinzipiell öffentlich ausgeschrieben, darüber hinaus greife man auf das umfangreiche persönliche Netzwerk der Studiengangsleitungen zurück. „Sie leisten bei zumeist stark ausgelasteten Spezialisten Überzeugungsarbeit, um sie für eine Vortragstätigkeit zu gewinnen“, berichtet der Experte.