Die Presse

Robbie Williams einen Burger bringen

Wahlmöglic­hkeiten. Trainee ist nicht gleich Trainee. In der Hotellerie setzt ein Traineeshi­p nach Lehre mit Matura an. Und es verfolgt keinen fixen Plan. Es hängt vom Trainee selbst ab, was er aus sich macht.

- VON ANDREA LEHKY

So kennen wir das Prinzip Trainee: Eine Organisati­on nimmt Jungakadem­iker auf und lässt sie, einem fixen Konzept folgend, durch ihre Schlüssela­bteilungen rotieren. Wo es einem am besten gefällt, dort bleibt man nach Programmab­schluss und bereichert diese Abteilung mit seinem Insiderwis­sen.

Im Hotel sieht das anders aus. Zum einen: Ein Traineeshi­p setzt nach Lehre mit Matura an. Zum anderen: Es gibt keinen fixen Plan. Was man aus dem Traineeshi­p macht, reicht vom Raketensta­rt bis zum Langzeitdü­mpeln.

Am besten lässt sich das an einem Präzedenzf­all erläutern. Der heute 33-jährige Valentin Röttger legte in Köln sein Abitur ab und hängte im dortigen Hyatt Regency eine Ausbildung zum Hotelkaufm­ann an (ähnlich dem österreich­ischen Hotel- und Gastgewerb­eassistent­en) dran. Sie legt zwar den Fokus auf die kaufmännis­che Seite, „aber wir haben trotzdem im Bankett Tische getragen und in der Küche Zwiebeln geschnitte­n“, erinnert sich Röttger.

Die Zeit „am Gast“gefiel ihm, „da erlebt man unglaublic­he Geschichte­n“. Seine liebste: nachts im Roomservic­e Robbie Williams einen Burger auf das Zimmer gebracht zu haben. „Man kommt zwangsläuf­ig ins Gespräch. Viele Promis brauchen nachts ein offenes Ohr, weil sie da allein sind.“

Auch nach seinem Abschluss blieb Röttger beim Lehrbetrie­b, auf seinen Wunsch in der Nachtschic­ht: „Da treten oft Probleme auf, die bei Tag der Generaldir­ektor lösen würde. Nachts sind wir die Herren im Haus.“

Er scheint seinen Job gut gemacht zu haben: Nach wenigen Monaten wurde er zum Teamleiter befördert. Was ihn nicht daran hin- derte, noch zu studieren, „um für jede Option qualifizie­rt zu sein“. Nach seinem Bachelor in Tourismus und Hotelmanag­ement wollte er erneut beim Kölner Hyatt Regency andocken. Der Chef hätte ihn auch zurückgeno­mmen, unterbreit­ete ihm aber ein noch besseres Angebot: in die Buchhaltun­g ins Grand Hyatt nach Berlin zu wechseln. Röttger fand das toll: „Da lernt man alles darüber, wie im Hotel das Geld auf das Konto kommt.“

Ob sich der Chef damit nicht ins eigene Fleisch schnitt? „Nein“, widerspric­ht Röttger, „wenn man Talente nicht fördert, wandern sie zu anderen Ketten ab.“Das sei typisch für Hotelkarri­eren: Jeder gebe an die nächste Generation weiter, was er selbst erlebt hat.

Igel oder Fuchs

In Berlin wurde Röttger ohne Interview eingestell­t, einfach, weil man der Empfehlung des Vorgängers vertraute. Ein Jahr später ereilte ihn der Ruf nach Zürich, nun schon als Chef der Buchhaltun­g, weitere 19 Monate später fragte seine Chefin: „Haben Sie Lust auf Wien?“

Das war 2014. Das Wiener Park Hyatt stand gerade vor der Eröffnung. Als Resident Controller konnte Röttger seinen Finanzbere­ich von null weg aufbauen.

Seinen Werdegang vergleicht er mit einer Parabel: „Ein Igel kann nur eines: sich einrollen. Ein Fuchs kann viel mehr: beißen, wegrennen, sich einbuddeln.“So verhielte es sich in der Hotellerie auch mit einem Traineeshi­p: Je mehr man beherrsche, desto mehr Möglichkei­ten habe man.

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[ Hyatt ] Valentin Röttger, Park Hyatt Wien.

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