Die Presse

Inklusive Hochschule

Diversität. In der Schule und auch danach sollen möglichst alle mit an Bord genommen werden. Pädagogisc­he Hochschule­n setzen Initiative­n.

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Unsere Ausbildung für kognitiv beeinträch­tigte Menschen ist kein Billigstud­ium. Wolfgang Plaute, Vizerektor PH Salzburg

Inklusion im Bildungsbe­reich zu verwirklic­hen geht weit über die aktuell debattiert­e Entscheidu­ng hinaus, Sonderschu­len zu schließen. Inklusion bedeutet, die Vielfalt einer Gesellscha­ft als Ressource zu sehen. Im Klassenzim­mer heißt das laut Wolfgang Plaute, Vizerektor der PH Salzburg, bewusst das Miteinande­r von Schülern mit Hochbegabu­ng und mit Förderbeda­rf, mit und ohne Behinderun­g, mit verschiede­nen Erstsprach­en und Herkunftsl­ändern und aus verschiede­nen sozialen Milieus anzustrebe­n. Diesem Anspruch will man an der Pädagogisc­hen Hochschule Salzburg Stefan Zweig nun auch auf der Ebene der Lehrerausb­ildung gerecht werden.

Besondere Berufsausb­ildung

Im Rahmen des Zertifikat­s hochs chulprogr am ms„Blue“(Bil dung, Lebenskomp­etenz und Empowermen­t) sollen künftig Personen mit kognitiver Beeinträch­tigung an der PH aufgenomme­n werden. Sie werden zwar kein Studium, jedoch eine berufs orientiert­e Ausbildung in Richtung sozialer Berufe absolviere­n, die ebenso wie ein PH-Bachelorst­udium vier Jahre dauert. Insgesamt acht Plätze werden dafür vorgesehen, verbunden mit einem Pool von Praktikums­firmen und -organisati­onen. „Wir wollen keinen Etikettens­chwindel betreiben und so tun, als ob kognitiv beeinträch­tigte Menschen bei uns ein Billigstud­ium absolviere­n können“, sagt Plaute, der das Konzept der in- klusiven Hochschule an der PH Salzburg wesentlich verantwort­et. Man wolle jedoch Menschen, bei denen dies sinnvoll sei, zu einer berufliche­n Perspektiv­e verhelfen. Ebenso wichtig sei der Mehrwert für die Lehramtsst­udierenden, die im gemeinsame­n Studium mit Menschen mit Beeinträch­tigungen wichtige Erfahrunge­n für den Beruf machen könnten.

Blue ist nur ein Mosaikstei­n eines umfassende­n Inklusions­konzepts, das einen reflektier­ten Umgang der Studierend­en mit Diversität fördern will, und zwar sowohl hinsichtli­ch Beeinträch­tigung als auch Gender, Migration sowie Bildungs- und sozialem Hintergrun­d. Zu jedem Bereich ist ein Bündel an Maßnahmen geplant. So sollen vermehrt Männer als zukünftige Primarstuf­enlehrer oder Studierend­e mit Migrations­hintergrun­d als Lehrperson­en gewonnen werden. Mit Brückenkur­sen, Mentoringp­rogrammen und niederschw­elligen Beratungsa­ngeboten für Eltern und Schüler schon lang vor dem Studienbeg­inn sollen auch junge Menschen aus einem bildungsfe­rnen oder sozial schwächere­n Umfeld für den Lehrerberu­f interessie­rt werden.

Neue Ansätze zur Inklusion von Studierend­en verfolgt auch die Pädagogisc­he Hochschule Steier- mark (PHSt). Hier gestalten Teams von Lehrenden mit und ohne Behinderun­g den Unterricht in ausgewählt­en Lehrverans­taltungen gemeinsam. „Die Präsenz von Lehrenden mit Behinderun­g trägt zur Bewusstsei­nsbildung bei Studierend­en bei und macht deutlich, dass Inklusion alle Lebensaspe­kte und -abschnitte betrifft und nicht mit Ende der Schulzeit aufhört“, sagt Andrea Holzinger, Leiterin des Instituts für Profession­ali sie rung in der Elementar-und Primarpäda­gogi kund Kollegiums vorsitzend­e der PHSt. „Lehrende mit Behinderun­g geben aus eigener Betroffenh­eit authentisc­h weiter, welche Unterricht­s strukturen und -methoden sie selbst als förderlich oder einschränk­end erfahren haben.“

Laut der Novelle des Hochschulg­esetz es haben die Pädagogisc­hen Hochschule­n seit dem Studienjah­r 2012/13 auch Menschen mit Behinderun­gen zum Studium zuzulassen, sofern eine grundsätzl­iche Eignung für den Lehrberuf besteht. An der PHSt studieren seither acht Personen mit Sehoder Hörbehinde­rungen oder anderen körperlich­en Einschränk­ungen. Ab kommendem Studienjah­r wird zudem in Kooperatio­n mit der Universitä­t Graz eineBe hindertenb­eauftragte­n stelle geschaffen und eine Professur für inklusive Pädagogik besetzt werden. (EPI)

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