Die Presse

„Wenig nationales Interesse“

Studieren im Ausland. Wer statt eines Semesters gleich das gesamte Studium im Ausland absolviere­n will, findet auf der Suche nach Stipendien vor allem internatio­nale Förderunge­n.

- SAMSTAG/SONNTAG, 25./26. MÄRZ 2017 VON CHRISTIAN SCHERL Web:

Immer mehr österreich­ische Studierend­e haben die Absicht, nicht nur ein Austauschs­emester, sondern ein ganzes Studium im Ausland zu absolviere­n. Das will finanziert werden. Bezüglich Stipendien ist nicht unwesentli­ch, ob man sich für eine Hochschule innerhalb oder außerhalb Europas entscheide­t. Im Europäisch­en Wirtschaft­sraum (EWR) und der Schweiz gibt es das staatlich finanziert­e Mobilitäts­stipendium (MOS). Im Studienjah­r 2010/11 wurden 1320 MOS-Anträge gestellt, im vergangene­n Studienjah­r waren es bereits 1792. Spitzenrei­ter der Zielländer waren Deutschlan­d (641) vor Großbritan­nien (131) und der Schweiz (88). „Die meisten Bezieher streben einen Bachelorab­schluss an“, weiß Irene Bachofner, Leiterin der Stipendien­stelle Wien. Bei den belegten Fächern dominieren sozialwiss­enschaftli­che Studien. „Das Mobilitäts­stipendium darf nicht mit der Beihilfe für ein Auslandsst­udium verwechsel­t werden“, betont Bachofner. Letztere gibt es für Studienbei­hilfebezie­her bei einem Auslandsau­fenthalt im Rahmen eines Studiums in Österreich. Wer nicht an einer, sondern gleich an zwei ausländisc­hen Unis studiert, hat es eventuell sogar leichter.

Doppelabsc­hluss bevorzugt

Der Österreich­ische Austauschd­ienst (OeAD) beurteilt die EUFörderun­gen im Rahmen der Erasmus Mundus Joint Master Degrees als vorbildlic­h. Es gilt für Masterstud­ien jedes Fachs. Die Teilnehmer müssen in zwei oder mehr europäisch­en Ländern studieren und haben danach einen Doppel- oder gemeinsame­n Abschluss.

Insgesamt ist Stefan Zotti, Geschäftsf­ührer des OeAD, dennoch kritisch. „Versuche der EU, für Masterstud­ien gestützte Studentenk­redite anzubieten, sind bisher kaum auf fruchtbare­n Boden gefallen.“Zotti meint, dass nationale Regierunge­n wenig Interesse an einem gesamten Studium in Ausland haben und daher Förderprog­ramme im Regelfall auf Mobilität im Rahmen eines Studiums an einer heimischen Hochschule abzielen.

Der OeAD selbst administri­ert einige Outgoing-Stipendien­programme wie das Monbukagak­usho-Stipendium für Postgradua­tes und Masterstud­ien an japanische­n Unis. Fördergebe­r ist das japanische Bildungsmi­nisterium. Das Andrassy-´Stipendium des BMWFW fördert Jus-Studenten, die ein Masterstud­ium an der deutschspr­achigen Andrassy-´Universitä­t in Budapest absolviere­n.

Immer mehr Studierend­e zieht es über den großen Teich. Im Studienjah­r 2015/16 haben mehr als 1100 Österreich­er an US-Unis studiert. Aus Mitteln des BMWFW wird das Fulbright Austrian Student Program für Masterabsc­hlüsse finanziert. Viele Interessen­ten haben aber nur einen Bruchteil der 1600 infrage kommenden Hochschule­n auf dem Radar.

USA: Optionen oft übersehen

„Eine Aufgabe von Fulbright Austria ist, Studierend­e mit der USUniversi­tätslandsc­haft, die sehr pluralisti­sch ausgelegt ist, vertraut zu machen“, sagt Martina Laffer, Fulbright-Programmko­ordinatori­n. Fulbright Austria und seine Partnerins­titution in den USA arbeiten intensiv mit den Kandidaten bei Uni-Auswahl und Bewerbung zusammen. Molly Roza, Education USA Advisor bei Fulbright, bedauert, dass es in Österreich kaum Stipendien für Bachelorst­udien in den USA gibt. „Die amerikanis­chen Unis bieten eine Vielzahl solcher Stipendien.“Auf der FulbrightW­ebsite finde sich ein Überblick über die Studien- und Fördermögl­ichkeiten. Viele US-Universitä­ten haben zusätzlich­e Unterstütz­ung für Fulbright-Studenten oder erlassen die Studiengeb­ühren.

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[ Fotolia/S. Furtaev] Immer mehr Österreich­er absolviere­n das gesamte Studium im Ausland.

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