Die teure Suche nach dem richtigen Zeitpunkt
Aktien. Wenn sich jemand mit dem Gedanken trägt, Aktien zu kaufen, soll er dann nicht lieber die längst fällige Korrektur an den Börsen abwarten? Experten raten ab: Diese Strategie funktioniere meist nicht.
Wien. Angesichts der seit Monaten stetig steigenden Börsen erwarten viele, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis eine scharfe Korrektur kommt. Warum also nicht diese abwarten und dann erst wieder in den Aktienmarkt einsteigen?
Die Antwort auf diese Frage lautet: weil das nicht funktioniert. Schoellerbank-Experte Robert Karas rechnet vor: Hätte jemand 2001 in den MSCI World Index investiert, hätte er inklusive Nettodividenden pro Jahr eine Rendite von 3,8 Prozent eingefahren. Das ist mager, da der Startzeitpunkt genau vor dem Platzen der Technologieblase lag. Aber immerhin befindet man sich im positiven Bereich.
Hätte man in diesen 16 Jahren hingegen nur die zehn besten Tage verpasst, hätte man sich mit einer Rendite von 0,3 Prozent pro Jahr begnügen müssen. Doch nur weil jemand nicht in den Börsenkeller mitfahren wollte – warum hätte er ausgerechnet diese Tage verpassen sollen? Die zehn Tage lagen allesamt in Krisenphasen (Finanzkrise 2008/09, Platzen der Technologieblase 2002/03). Die schlechtesten Tage verteilten sich hingegen auf gute und schlechte Börsenphasen. Fazit des Experten: „Wer an den besten Tagen investiert sein will, muss Bärenmärkte aushalten.“
Wer hingegen Qualitätsaktien verkauft, um sie später billiger zurückzukaufen, müsse gleich drei richtige Entscheidungen treffen: Er muss den richtigen Verkaufszeitpunkt und den richtigen Wieder- einstiegszeitpunkt treffen und zwischenzeitlich das Geld richtig anlegen.
Und dann muss er auch noch stählerne Nerven beweisen, wenn die Aktien sich zunächst in die andere Richtung entwickeln, als er angenommen hat. Das alles sei nahezu unmöglich, meint Karas.
Doch was, wenn man einfach immer dann Aktien kauft, wenn die Kurse um 50 Prozent korrigiert haben, und sie fünf Jahre später wieder verkauft? Thomas Gebert hat das in seinem Buch „Was zu tun ist, wenn es so weit ist“für den DAX durchgerechnet. Das Ergebnis: Diese Strategie hätte nur spärliche Erträge gebracht, da man mitunter Jahrzehnte warten musste, bis man kaufen konnte. Varianten der Strategie, etwa Kauf nach einem 30-prozentigen Rückgang oder Verkauf bereits nach drei Jahren, hätten nichts geändert.
Ist es daher reiner Zufall, ob man einen guten Kaufzeitpunkt erwischt? Nicht unbedingt. Einen Teil seines Vermögens, das man längere Zeit nicht braucht, sollte man in Qualitätsaktien investieren, rät Karas. Einen Teil sollte man in der Hinterhand haben, um bei Rückschlägen – sollten solche erfolgen – billig nachkaufen zu können.