Ein parkendes Fahrzeug ist nicht von Natur aus gefährlich
Gefährdungshaftung. Ein abgestellter Lkw verursachte einen Gebäudebrand. Der Halter des Gefährts hafte dafür nicht, sagt der Oberste Gerichtshof.
Wien. Ein Fahrzeug ist von Natur aus mit Gefahren verbunden. Und darum haftet der Halter eines Fahrzeugs verschuldensunabhängig für die Schäden, die durch den Betrieb seines Kfz entstehen. Gefährdungshaftung nennt das der Jurist. Und eine solche schreibt etwa das EKHG, das Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz, vor. Aber gilt dieses auch, wenn ein abgestelltes Kfz explodiert? Diese Frage galt es nun vor dem Obersten Gerichtshof (OGH) zu klären.
Der Lkw einer Firma war neben dem Wirtschaftsgebäude eines landwirtschaftlichen Anwesens abgestellt worden. Der Fahrer hatte die Zündung ausgeschaltet, ließ den Lkw unversperrt stehen und ging. Zwei Tage später kam es zu einem Kurzschluss im Motorraum. Der Grund dafür blieb unbekannt. Der Wagen war kurz davor in der firmeneigenen Werkstatt gewesen, weil die Motorleistung abgefallen war und eine Warnanzeige aufgeleuchtet hatte. Aber man konnte weder nachweisen, dass die Reparatur den Kurzschluss verursacht hat, noch dass die Elektronik des Lkw defekt war.
Der Lkw geriet in Brand, das Feuer griff auf das Wirtschaftsgebäude über, dieses brannte ab, weitere Gebäude wurden beschädigt. Die Versicherung, die für die Gebäudeschäden aufkommen musste, klagte die Haftpflichtversicherung, bei der der Lkw versichert war, auf knapp 170.000 Euro.
Das Landesgericht Salzburg wies die Klage ab. Denn eine Haftung nach dem EKHG gebe es nur, wenn der Unfall beim Betrieb des Fahrzeuges passiert wäre. Der Lkw sei aber zwei Tage zuvor ordnungsgemäß abgestellt worden, also nicht mehr im Betrieb gewesen. Eine Haftung könne es in solchen Fällen nur geben, wenn man das Gefährt besonders gefährlich abstelle: etwa auf der Autobahn. Auch dann, wenn das Unglück noch irgendwie auf den Betrieb des Fahrzeugs zurückgehe (etwa wenn ein Kurzschluss als Folge eines vorangegangenen Unfalls passiert), könne man noch einen Haftungsgrund erblicken. Keines dieser Szenarien liege hier aber vor.
Deutsches Urteil kein Vorbild
Das Oberlandesgericht Linz bestätigte das Urteil. Die klagende Versicherung zog nun noch vor den OGH und verwies auf einen ähnlich gelagerten Fall aus Deutschland. Demnach sei es für die Haftung unerheblich, ob sich das Fahrzeug bewegt habe oder stillgestanden sei, als es explodierte. Ebendiese Entscheidung sei aber von juristischen Gelehrten kritisiert worden, meinte der OGH. Und man teile deren Bedenken bezüglich einer Ausweitung der Gefährdungshaftung.
Denn im konkreten Fall sei keine „spezifische Gefahr eines sich mit Motorkraft bewegenden oder in anderer Weise am Verkehr teilnehmenden Fahrzeugs“verwirklicht worden. Nur für solche Fälle gebe es aber das EKHG. Die Gefahr, die von einem stehenden Auto durch Versagen einer Betriebseinrichtung ausgehe, dürfe hingegen nicht anders beurteilt werden, als wenn so etwas bei einer anderen technischen Anlage passiert, etwa bei einer stationären Arbeitsmaschine oder Elektroeinrichtung.
Nun könnte man auch den umgekehrten Weg gehen und für all diese Anlagen analog zum EKHG eine Haftung annehmen, erörterte der OGH. Aber damit würde das EKHG erst recht nicht mehr an das anknüpfen, wofür es gedacht ist. Nämlich die „spezifische motor- und verkehrstechnische Gefährlichkeit“von Fahrzeugen zu umfassen.
Soll nicht Unversicherte treffen
Zudem, so erklärte der OGH, bestehe bei einem Kfz im Fahrbetrieb in der Regel ein Versicherungsschutz. Würde man das EKHG aber nun auch auf abgestellte Fahrzeuge anwenden, so könnten die Haftungsregeln auch nicht versicherte Gefährte umfassen: etwa, wenn ein abgemeldetes Auto in der Garage steht und einen Kurzschluss hat. Dann würde aber der typische Zusammenhang, der zwischen der Gefährdungshaftung und einer Versicherungsdeckung bestehe, nicht mehr gegeben sein.
Im Ergebnis wies somit der OGH (2 Ob 188/16k) die Klage ab.