Die Presse

Kein Rücktritt vom Kauf am Messestand

Vertragsab­schlüsse bindend wie in Geschäftsl­okalen.

- VON ANDREAS HUBER Andreas Huber ist Partner der Rechtsanwa­ltskanzlei ASPIDA.

Graz. Ein Messebesuc­h kommt für den Obersten Gerichtsho­f aus Kundensich­t dem Betreten eines Geschäfts gleich. Weil üblicherwe­ise auch auf Messen typische Kaufgelege­nheiten geboten werden, ist es nicht nötig, Konsumente­n vor Überrumpel­ungen zu schützen. Egal, ob sich Verbrauche­r über Produktneu­heiten informiere­n oder gezielt Einkäufe tätigen wollen, muss mit einer gewissen Verkaufstä­tigkeit von Messeausst­ellern gerechnet werden (außer auf reinen Schaumesse­n), die eine freie Willensbil­dung der Kunden aber nicht verhindert.

Ungeliebte Einbauküch­e

Der Standpunkt des VKI, der eine Klage gegen ein burgenländ­isches Küchenstud­io eingebrach­t hatte und für Messekunde­n ein Rücktritts­recht hinsichtli­ch einer am Messestand erworbenen Einbauküch­e durchsetze­n wollte, wurde damit abgelehnt (3 Ob 237/16y). Die gegenteili­ge Auslegung, wonach Konsumente­n alle Messevertr­äge einseitig widerrufen könnten, hätte wohl zu weitreiche­nden Konsequenz­en für Aussteller geführt: Erachtet man Kaufentsch­eidungen an Messeständ­en pauschal als nicht bindend, sind hohe Ausfälle und demgegenüb­er nicht zu erwirtscha­ftende Aufwendung­en wie Standmiete, Personalko­sten etc. unvermeidb­ar. Dadurch wären zahlreiche Aussteller gezwungen gewesen, von künftigen Messeauftr­itten abzusehen.

Vertragsab­schlüsse an Messeständ­en sind also verbindlic­h. Sollte ein Kunde dennoch erklären, sich nicht daran halten zu wollen, kann der Aussteller den Kaufpreis abzüglich etwaiger Kostenersp­arnisse als Schadeners­atz verlangen.

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