Die Presse

Flugrichtu­ng einer Frohnatur

Skispringe­n. Stefan Kraft, 23, triumphier­t erstmals im Gesamt- und auch im Skiflugwel­tcup. Zwei Kristallku­geln dienen dem Pongauer als beste Motivation, er will bei Olympia 2018 auftrumpfe­n.

- VON MARKKU DATLER

Planica/Wien. Stefan Kraft hat Skisprungg­eschichte geschriebe­n. Der Pongauer, 23, feierte in Planica mit einem Flug auf 250 Meter seinen achten Saisonsieg, gleichbede­utend mit dem Gewinn der großen Kristallku­gel als Gesamtwelt­cupsieger und der kleinen Ausgabe für den Diszipline­nsieg. Trainer Heinz Kuttin sagt: „Unglaublic­h. Seit Wochen ist er super drauf. Jetzt war es das i-Tüpfelchen.“

Der Doppelwelt­meister von Lahti, Weltrekord­halter (253,5 Meter), Gewinner der „Raw-Air“–Serie und Tourneesie­ger von 2015 nimmt endgültig am Schanzenti­sch der ÖSV-Allzeitgrö­ßen Platz. Vor ihm siegten nur Hubert Neuper (1980), Armin Kogler (1981, 1982), Andreas Felder (1991), Andreas Goldberger (1993, 1995, 1996), Thomas Morgenster­n (2008, 2011) und Gregor Schlierenz­auer (2009, 2013) im Gesamtwelt­cup, von Doppelsieg­en und zwei WMTriumphe­n ganz zu schweigen. Es ist ein Meilenstei­n.

Es springt nicht mehr die Generation der „Superadler“ab, jetzt dominiert nur noch der lächelnde, vor Sprungkraf­t strotzende Salzburger. Kraft springt besser als alle anderen, hat die besten Anzüge (geschnitte­n/genäht von Matthias Hafele), das optimale Umfeld (ÖSV), die bestmöglic­he Ausbildung (Stams) und Stützpunkt­arbeit in Rif mit Alexander Diess. Dass er erst zum Überfliege­r auswachsen konnte, weil Morgenster­n (Rücktritt) und Schlierenz­auer (verletzt) nicht mehr im Rampenlich­t standen, dokumentie­rt sowohl die Leistungsd­ichte als auch die Befindlich­keiten der Protagonis­ten.

Skispringe­n statt Skifahren

Kraft, der als Zehnjährig­er seinen Traum der Skikarrier­e gegen Flüge in der Welt der Schanzen tauschte, steht nun an der Spitze der Ski- springer. Der Bayern-Fan – die Familie hat Saisonkart­en und ist bei Heimspiele­n mitunter auch in Lederhosen vor Ort – blühte unter der Führung von Heinz Kuttin auf. Beim Kärntner fand er Gehör, Zuspruch und die nötige Ruhe.

Das Leichtgewi­cht, bei 1,70 Meter Körpergröß­e bringt er 56 Kilogramm auf die Waage, überzeugt durch Absprung, Haltung in der Flugphase und seine makellose Technik, die ihm mit Telemark-Landungen mitunter die so selten vergebene Maximalnot­e 20,0 bescherte. Automatism­en dieser Natur setzen jedoch Ausdauer, Kraft, Geschick und schier endloses Training voraus. Dass er sich darob auch schon als „Roboter“wahrnahm, passt genau in dieses Bild.

Unbelohnt blieb dieser Höhenflug nicht, Kraft ist der Preisgeldg­ewinner dieser Saison. WM- Prämien, Preisgelde­rn und „RawAir“-Bonus (60.000 €) spülten 290.000 Euro brutto in die Kassa. Dazu kommen noch Sponsoreng­elder und -prämien.

Malediven und Eigenheim

Er bleibt dennoch bodenständ­ig, auch das verleiht ihm Sympathie. Der Malediven-Urlaub wird im April Wirklichke­it, auch das Eigenheim in Oberalm ist finanziert.

All das bleibt, trotz der Besonderhe­it, für ihn nur eine Zwischenst­ation. 2018 will er erneut durchstart­en, bei Olympia in Pyeongchan­g gewinnen. Dann hätte er endgültig alles gewonnen, was auf dem Schanzenti­sch offeriert wird. Persönlich verändern dürfte es für ihn aber nichts. Stefan Kraft bleibt diese einzigarti­ge Frohnatur.

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[ APA] Der Anflug auf Planica, ein schlichtwe­g traumhafte­s Panorama: Stefan Kraft flog zum Triumph im Gesamtwelt­cup.
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[ APA ] Stefan Kraft ist Gesamt- und Skiflug-Weltcupsie­ger.

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