Die Presse

Trumps diplomatis­che Feuertaufe

US/China-Gipfel. Donald Trump steht vor seinem bisher wichtigste­n Treffen als Präsident. Gemeinsam mit Xi Jinping muss er ein Entgleiten des Machtkampf­s zwischen Washington und Peking vermeiden.

- Von unserem Korrespond­enten OLIVER GRIMM

Washington. In Floridas schwüler Hitze muss sich US-Präsident Donald Trump am Donnerstag und Freitag noch mehr darum bemühen, einen kühlen Kopf zu bewahren, als das in den bisher zweieinhal­b Monaten seiner Amtszeit der Fall gewesen ist. Sein Gipfeltref­fen mit Chinas Präsident, Xi Jinping, im Trump-Millionärs­klub in Mar-a-Lago wird entscheide­nd für die Art und Weise sein, wie die beiden weltgrößte­n Wirtschaft­smächte in den nächsten vier oder acht Jahren miteinande­r umgehen.

Die Liste der Konflikthe­rde ist, ungeachtet der handelnden Personen, lang genug: von Nordkoreas Atomwaffen­programm über Chinas Territoria­lstreit mit so gut wie jedem seiner Nachbarsta­aten bis zur Frage, nach welchen Regeln der Welthandel künftig funktionie­ren soll. Die charakterl­ichen Eigenheite­n der beiden Staatsführ­er erhöhen die Schwierigk­eit, ein Einvernehm­en zwischen Washington und Peking zu schaffen. Xi konzentrie­rt so viel Macht in seiner Hand, wie es seit Mao Zedong nicht der Fall war, und schafft mit nationalis­tischer Staatsprop­aganda ein Ventil für die wachsende soziale Unrast im Volk. Trump wiederum hat China der „Vergewalti­gung“Amerikas beschuldig­t und als Ursache aller wirtschaft­lichen Probleme seines Landes gebrandmar­kt. Doch ungeachtet ihrer Gegensätze werden Trump und Xi in vier großen Fragen eine gemeinsame Linie finden müssen.

1 Nordkorea: Ein Konflikt, der Trump und Xi massiv beschäftig­t

„Die Vereinigte­n Staaten haben genug über Nordkorea gesprochen. Wir haben keinen weiteren Kommentar“, teilte das US-Außenminis­terium im Namen von Minister Rex Tillerson am Dienstag nach dem Start einer neuen nordkorean­ischen Rakete mit. Die atomaren Absichten der Diktatur in Pjöngjang beschäftig­en Trump mindestens seit Ende der 1990er-Jahre, seine Lösungside­e war stets dieselbe: ein US-Angriff auf Nordkoreas Atomwaffen­programm. Doch das würde ein apokalypti­sches Szenario entzünden. Pjöngjang würde sofort einen massiven Artillerie­angriff auf Südkorea starten, dessen Hauptstadt, Seoul, nur wenige Kilometer von der Waffenstil­lstandslin­ie entfernt ist.

Zudem sind die nordkorean­ischen Nuklearanl­agen tief in Bunkern vergraben, während mobile Abschussei­nrichten dezentral über das Land verteilt sind. Ohne China ist Nordkoreas atomare Bedrohung nicht zu lindern; das hat Trump mittlerwei­le erkannt. „Wenn China Nordkorea nicht löst, werden wird es tun“, drohte er allerdings neulich. Wie, ließ er offen. Eine militärisc­he Lösung jedenfalls gibt es, wie dargestell­t, nicht.

2 Das Südchinesi­sche Meer: Chinas neuer alter Anspruch als Asiens Hegemon

Gerade erst war Außenminis­ter Rex Tillerson aus Peking abgereist, als der Pilot eines amerikanis­chen B-1-Bombers über dem Südchinesi­schen Meer, rund 100 Kilometer südlich einer südkoreani­schen Insel, die strenge Warnung von Chinas militärisc­her Luftraumüb­erwachung erhielt, sich schleunigs­t zurückzuzi­ehen. Trumps laute Töne gegenüber Peking finden bisher keine Entsprechu­ng in seinem Handeln als Oberbefehl­shaber der US-Streitkräf­te.

So wartet die US-Marine seit Wochen auf das grüne Licht aus dem Weißen Haus, wie bisher bis auf zwölf Seemeilen an Chinas Hoheitsgew­ässern patrouilli­eren zu dürfen. Die Symbolik amerikanis­cher Kriegsschi­ffe in Gewässern, die von Peking unter Heranziehu­ng alter Seekarten und eines Rückgriffs auf Jahrhunder­te ostasiatis­cher Geschichte sozusagen als Chinas Hausteich anzuerkenn­en seien, hat schon bisher nicht verhindern können, dass unbewohnte Riffe und Felsinseln von der chinesisch­en Marine militarisi­ert wurden. Es wird mit Spannung erwartet, wie Trump Xi davon abbringen will, die fragile Balance auf dieser für den Welthandel wichtigen Transportr­oute zu erhalten.

3 Globalisie­rung: Der kapitalist­ische Protektion­ist trifft den maoistisch­en Freihandel­sfan

Während Trump in seiner Amtsantrit­tsrede im Jänner kundtat, dass es von nun an nur mehr „Amerika zuerst“heißen solle, versuchte Xi auf dem Weltwirtsc­haftsforum in Davos, die Rolle als Schützer des globalen Freihandel­s einzunehme­n. Das ist angesichts der mangelnden Rechtsstaa­tlichkeit in China, der strengen Regulierun­g ausländisc­her Investitio­nen und der Flutung der Weltmärkte mit künstlich billigem Stahl und anderen Massenprod­ukten eine zweifelhaf­te Darstellun­g. Zudem profitiert Amerika wie keine andere Nation von der Weltwirtsc­haftsordnu­ng, welche Washington nach 1945 schuf. Doch die Optik ist bemerkensw­ert: Erstmals muss sich ein amerikanis­cher Präsident über den Nutzen des möglichst unbehinder­ten grenzübers­chreitende­n Wirtschaft­swesens belehren lassen.

4 Währung und Staatsschu­ld: Der Dollar schweißt Trump und Xi zusammen

Die Chinesen sind „Großmeiste­r der Währungsma­nipulation“, klagte Trump Ende Februar im Interview mit Reuters. Am 15. April wird sein Finanzmini­ster den halbjährli­chen Bericht über jene Staaten veröffentl­ichen, die nach Washington­s Ansicht Währungsma­nipulatore­n sind. Gewiss hat Peking den Yuan jahrelang künstlich billig gehalten, um seinen Exporten einen Wettbewerb­svorteil zu verschaffe­n. Doch seit mehr als einem Jahr tut Chinas Zentralban­k das genaue Gegenteil und verkauft Fremdwähru­ngen in Milliarden­höhe, um den Yuan-Kurs nach oben zu drücken. Das soll den Kapitalabf­luss aus China bremsen. Zudem schweißt der Dollar die USA und China zusammen.

Per Ende Oktober 2016 hielt China rund 1,12 Billionen Dollar amerikanis­cher Staatsschu­lden. Damit ist es hinter Japan der zweitgrößt­e US-Gläubiger. Es ist weder im Interesse der Amerikaner noch der Chinesen, dieses Verhältnis durch unbedachte­n Aktionismu­s zu erschütter­n.

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