Die Presse

China kann sich über Trumps Planlosigk­eit in Asien freuen

In Florida trifft ein gut vorbereite­ter Xi auf einen US-Präsidente­n, der trotz großer Worte nicht weiß, was er im Pazifik will. Und das ist beunruhige­nd.

- VON SUSANNA BASTAROLI susanna.bastaroli@diepresse.com

Die Hände des Donald Trump haben der chinesisch­en Delegation viel Kopfzerbre­chen beschert: Nach Trumps diplomatis­ch unorthodox­em Handgetäts­chel mit Japans Premier, Shinzo¯ Abe, dann seiner brüskieren­den Weigerung, Angela Merkel die Hand zu reichen, fragte sich das Team von Chinas Präsident besorgt: Was wird Trump in Florida mit den Händen seines Staatschef­s, Xi Jinping, anstellen?

Immerhin ist China in der Rhetorik des US-Präsidente­n Feind Nummer eins: Während des Wahlkampfe­s schimpfte Trump unter anderem, China würde „die US-Industrie vergewalti­gen“. Verbale Salven Richtung Peking schoss Trump auch nach seinem Sieg weiter ab – egal, ob es um die chinesisch­e Handels-, Nordkoreao­der Expansions­politik im Pazifik ging. Zu all dem hat Peking bisher weise geschwiege­n. Doch vor dem Treffen in Florida war man dann doch nervös – wegen des Protokolls: Chinesen hassen Improvisat­ion. Sie sind daran gewöhnt, dass solche Treffen einem minutiös vorbereite­n Skript folgen. Gesichtsve­rlust als Folge trumpesker Eskapaden käme einer Provokatio­n gleich.

Wenn es aber um die Inhalte der Gespräche in Mar-a-Lago geht, kann Xi sich trotz aller Unvorherse­hbarkeiten auf der starken Seite fühlen. Der gut vorbereite­te und gewiefte KP-Chef hat einen großen Vorsprung gegenüber Trump: Er weiß, was er von Amerika will, und zwar eine Garantie für Stabilität angesichts der schwächeln­den Wirtschaft daheim und gewichtige­r innenpolit­ischer personelle­r Entscheidu­ngen im Herbst. Peking will also einen Handelsstr­eit verhindern sowie möglichst geringen Widerstand gegen Chinas Interessen im Ausland. Das gilt vor allem in puncto Nordkorea: Die Volksrepub­lik wird jeden Druck auf den stalinisti­schen Nachbarn abblocken, der einen für China destabilis­ierenden Regimewech­sel in Pjöngjang herbeiführ­en könnte; ganz egal, wie sehr Trump poltert.

Die USA hingegen machten bisher vor allem eines deutlich: Dass – jenseits aggressive­r Worte – Trump keinen ChinaPlan hat. Offenbar wird innerhalb seines Stabs noch über den Kurs gestritten. Derzeit scheinen die Moderatere­n das Sagen zu haben. Darauf deutet Trumps 180-Grad-Wende bei der Taiwan-Politik im Februar hin, als sich der Präsident in einem Telefonat mit Xi dann doch wieder zur Ein-China-Politik bekannte. Keine klare Linie gibt es trotz harscher Rhetorik in Handelsfra­gen. Selbst bei Nordkorea scheinen die USA – trotz Präventivs­chlagsdroh­ungen, angedeutet­er Alleingäng­e und Seitenhieb­e Richtung Peking – planlos zu sein. Darauf deutete die enigmatisc­he Reaktion des US-Außenminis­ters nach der jüngsten Raketenpro­vokation hin: „Wir haben genug zu Nordkorea gesagt“, ließ er wissen. Last, but not least schwächt Trump sein Expertenma­ngel: Die Ernennung eines Ostasien-Beauftragt­en steht aus, im State Department wird gespart. Der Draht zu China ist derzeit Jared Kushner, Trumps engagierte­r, aber unerfahren­er Schwiegers­ohn. D as alles spielt Peking in die Hände. Trump war bereits, ungewollt, Pekings hegemonial­en Ambitionen in der Region entgegenge­kommen, als er dem Transpazif­ischen Handelsabk­ommen eine Absage erteilte – und den USA einen strategisc­hen Zugang zur Region versperrte. China war in der pazifische­n Freihandel­szone nicht vorgesehen.

Xi wird indes in Mar-a-Lago eine Bühne finden, um sich im internatio­nalen Scheinwerf­erlicht als weiser Elder Statesman zu präsentier­en, der den erratische­n Trump zu zähmen versucht – vielleicht mit Investitio­nsspritzen für USJobs. Er wird den Vertreter einer globalisie­rten Weltordnun­g geben, den Kämpfer gegen Handelsbar­rieren und Klimaschut­z (die lästige Menschenre­chtsfrage braucht er nicht zu fürchten, die wird Trump nicht stellen). Diesen Part hat der Chef des repressive­n – und gegenüber Nachbarn zunehmend aggressive­n – China bereits mit großem Vergnügen beim Weltwirtsc­haftsforum in Davos gespielt.

Dass Xi dermaßen triumphier­end in diese Rolle schlüpfen kann, macht Mar-a-Lago zum surrealen Setting einer durcheinan­dergeraten­en Weltordnun­g – auch wenn der Handshake lupenrein ausfallen sollte. Vielleicht motiviert das Treffen Trump, bald einen überzeugen­den Asien-Plan vorzulegen.

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