Die Presse

Das Weiße Haus im Süden

Präsidente­ndomizil. In Mar-a-Lago in Palm Beach empfängt der US-Präsident Freunde und Staatsgäst­e wie Shinzo¯ Abe oder Xi Jinping.

- VON THOMAS VIEREGGE

Wien/Palm Beach. Zumindest in der Ära Donald Trumps hat Camp David als Refugium ausgedient. Das eher spartanisc­h eingericht­ete Wochenendd­omizil der US-Präsidente­n in den Hügeln Marylands, als Ort der NahostVerh­andlungen unter Jimmy Carter und Bill Clinton in die Annalen eingegange­n, ist so gar nicht nach dem Geschmack des Immobilien­tycoons aus New York. Was für George Bush sen. der Familiensi­tz in Kennebunkp­ort (Maine) war und für seinen Sohn George W. die schlichte Ranch im texanische­n Crawford, ist für Trump das Luxusresor­t Mar-a-Lago, das im spanischen Stil gehaltene und mit Marmor, Blattgold und Antiquität­en überladene rosafarben­e Southern White House in Palm Beach an Floridas Goldküste.

Hier feierte Trump 2005 mit seiner dritten Frau, Melania, eine opulente Hochzeitsp­arty, hier verfasste er während der Weihnachts­feiertage seine Inaugurati­onsrede, hier verbrachte er während seiner zehnwöchig­en Amtszeit bereits fünf Wochenende­n – und hierher lädt er handverles­ene Staatsäste wie Japans Premier, Shinzo¯ Abe, oder Chinas Präsidente­n, Xi Jinping, die viel auf Statussymb­ole geben. Den Golf-Fan Abe führte Trump zu einer Runde im eigenen Klub aus, und als er sich vor aller Augen mit ihm über den aktuellen Raketentes­t Nordkoreas auf der Restaurant­terrasse beriet, waren die Sicherheit­sexperten in Washington konsternie­rt.

Zum Schnäppche­npreis von elf Millionen Dollar hatte Trump 1985 das Anwesen inklusive Strandgrun­dstück erworben. Die Millionärs­erbin und Kunstsamml­erin Marjorie Merriweath­er Post hatte die Ferienresi­denz unter der Federführu­ng des österreich­ischen Architekte­n Joseph Urban in den 1920er-Jahren errichten lassen und sie mit ihrem Tod 1973 dem Staat vererbt, dem aber schließlic­h der Unterhalt zu kostspieli­g wurde. Trump baute den 118-Zimmer-Palast zum exklusiven Privatklub um, in dem seine Millionärs­freunde aus der Immobilien­branche oder aus der Wall Street ein und aus gehen. Er öffnete den Klub jedoch auch für Juden und Afroamerik­aner. Für seine Familie reserviert­e er einen Flügel, der Jahresbeit­rag für die rund 500 Mitglieder beläuft sich auf 14.000 Dollar. Nach seiner Wahl verdoppelt­e er die Aufnahmege­bühr schlagarti­g auf 200.000 Dollar – und untermauer­te damit seinen Ruf als Geschäftsm­ann.

Die Kennedys kamen im Winter

Der Öl- und Eisenbahnm­agnat Henry Flagler hat Palm Beach am Ende des 19. Jahrhunder­ts als Winterdomi­zil auf einem vorgelager­ten Küstenstre­ifen im Sunshine State gegründet. Von der Pracht zeugt das Breakers Hotel, mit der Fassade in Flamingo-Rosa ein Wahrzeiche­n am von Palmen gesäumten Ocean Boulevard, an dem sich hinter hohen Hecken und üppigen Gärten die Villen und Fantasie-Palazzi entlangfäd­eln. Seit seiner Gründung gilt Palm Beach als Millionärs­ghetto, und im Shopping-Dorado der Worth Avenue kommt dies augenfälli­g zum Ausdruck. Manche verloren indes einen Teil ihres Vermögens, weil sie zu sehr den Anlagetric­ks eines Nachbarn vertrauten – des Großbetrüg­ers Bernie Madoff.

Schon die Kennedys kamen im Winter gerne nach Palm Beach. Einmal reiste auch Barack Obama zu einem privaten Golfwochen­ende mit Tiger Woods an, was wegen des extrem hohen Sicherheit­saufwands mit 3,5 Millionen Dollar zu Buche schlug. Mehr als 15 Millionen Dollar kosteten den Steuerzahl­er bisher die Wochenendt­rips Trumps ins Southern White House, in dessen Ambiente sich der Präsident wohler fühlt als in Washington. Drei demokratis­che Abgeordnet­e aus Florida forderten daher, er solle die Kosten aus eigener Tasche bezahlen. In Palm Beach ächzen indes längst nicht nur TrumpGegne­r über die Behinderun­gen des Alltags.

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