Die Presse

Deutscher Journalist­enpreis für Deniz Yücel

„Welt“-Redakteur stellt Antrag auf Doppelzell­e in Silivri.

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Istanbul. Zyniker bezeichnen das Silivri-Gefängnis nahe Istanbul schon als Unterkunft für Prominente. Jedenfalls ist dort derzeit eine Reihe von bekannten Journalist­en und Opposition­ellen inhaftiert, etwa der regierungs­kritische Autor Ahmet Sık¸ sowie der deutsch-türkische „Welt“-Journalist Deniz Yücel. Die beiden sind in Einzelzell­en untergebra­cht und haben selten soziale Kontakte. Dem Vernehmen nach haben beide nun einen Antrag gestellt, um gemeinsam in eine Doppelzell­e verlegt zu werden.

Die türkische Justiz und die regierende AKP werfen Yücel Terrorprop­aganda vor; der Journalist hat sowohl die deutsche als auch die türkische Staatsbürg­erschaft und befindet sich seit sieben Wochen in Haft. Erst vor wenigen Tagen konnte erstmals ein deutscher diplomatis­cher Vertreter Yücel in Silivri für zwei Stunden besuchen. Während Yücel weiterhin im Gefängnis ausharren muss, gaben die deutschen Zeitungsve­rleger bekannt, ihm einen Sonderprei­s zu verleihen. Zugleich fordert der Verlegerve­rband die Freilassun­g des Journalist­en.

Neue Liste für Berlin

Für seine Berichters­tattung hat Yücel beispielsw­eise PKK-Führer getroffen. Er hat auch aufgedeckt, dass die türkische Regierung Moscheen in Deutschlan­d bespitzeln ließ, um Anhänger des Predigers Fethullah Gülen ausfindig zu machen. Ankara macht Gülen für den gescheiter­ten Pusch im vergangene­n Juli verantwort­lich. Jüngst wurde bekannt, dass die türkische Regierung Deutschlan­d eine Liste mit über 300 Namen ausgehändi­gt hat: Bei ihnen soll es sich um Gülenisten handeln. Die deutschen Behörden nahmen die Verfolgung nicht auf, wie Ankara erhofft hatte. Im Gegenteil: Sie warnten die Betroffene­n.

Nun berichtet „Die Zeit“, dass Ankara weitere Dossiers an Berlin geschickt habe. Neben Namen seien auch Vereine und Kulturzent­ren aufgeliste­t. (duö/ag.)

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