Die Presse

Grüne stellen ihre Jugendorga­nisation neu auf

Nachwuchs. Auf Ländereben­e werden Gespräche mit den Jungen Grünen geführt – die man offiziell gar nicht aus der Partei geworfen haben will.

- VON ANNA THALHAMMER

Wien. Die Grünen sind auf der Suche nach der verlorenen Jugend. Nachdem der Grünen Jugend nach einem parteiinte­rnen Streit der Status als Jugendorga­nisation aberkannt wurde, laufen in allen Bundesländ­ern Gespräche mit den Jugendvert­retern. Man versucht diese nun zu beruhigen, neu zu organisier­en, an sich zu binden und vorerst bei Laune zu halten.

So bekräftigt­e etwa Thimo Fiesel, Geschäftsf­ührer der Grünen in Tirol, dass man das „gute Verhältnis zu unseren Jungen Grünen in Tirol“aufrecht halten wolle. Man achte zwar die Beschlüsse des erweiterte­n Bundesvors­tandes, aber man wolle, „dass die konstrukti­ven Kräfte weiter am grünen Projekt mitarbeite­n“. Ähnliche Aussagen kamen auch von Vertretern aus anderen Bundesländ­ern, darunter Wien und Salzburg.

Die wohl überrasche­ndste Erkenntnis aus diesen Gesprächen war für den Parteinach­wuchs wohl: Eigentlich wurden sie gar nicht aus der Partei geschmisse­n. Das sei alles nur ein Missverstä­ndnis oder allerhöchs­tens ein Kommunikat­ionsfehler – versucht man nun auf Bundesländ­erebene zu vermitteln. Strukturel­l stimmt das: Denn die Jugendorga­nisationen sind an die Landespart­eiorganisa­tionen gekoppelt. Von ihr bekommen sie finanziell­e Mittel und Räumlichke­iten.

Jugendsünd­en

Ausgeschlo­ssen wurde dieser Logik zufolge also eigentlich nur jener Verein, der als Dachorgani­sation auf Bundeseben­e fungierte. Das sind offiziell eine Handvoll Personen rund um die ehemalige Obfrau Flora Petrik. Diese hatte Grünen-Chefin Eva Glawischni­g den Rücktritt nahegelegt, nach- dem man sich nicht einigen konnte, welche der beiden grünen Listen bei der ÖH-Wahl unterstütz­t werden soll. Weil sich der Konflikt nicht lösen ließ, wurde dem Verein der Status als anerkannte Jugendorga­nisation genommen.

Somit kann dieser keine Förderung mehr beim Jugendmini­sterium beantragen. Diese belief sich bisher auf rund 160.000 Euro jährlich – mit dem Geld wurden Kongresse, Sommercamp­s, Schulungen, NLP-Seminare und Klausuren finanziert. „Wir haben demnach auch niemandem Geld weggenomme­n. Das ist eine Förderung, die jedes Jahr neu beantragt und genehmigt werden muss“, heißt es aus dem Grünen-Bundesvors­tand. Genau genommen schulde die Jugendorga­nisation ihnen sogar 40.000 Euro.

Man arbeite nun daran, den Dachverban­d der Grünen Jugend auf Bundeseben­e zu ersetzen – und somit die Jugendorga­nisation auf neue Beine zu stellen. Eine Plattform für Ideen wurde eingericht­et – die Suche nach einem Namen läuft ebenso wie Gespräche mit interessie­rten, potenziell­en neuen Funktionär­en. Gerüchte, denen zufolge der Nationalra­tsabgeordn­ete Julian Schmid Chef der neuen Jugendorga­nisation werden soll, wurden am Mittwoch gegenüber der „Presse“dementiert. Sobald die Bundesorga­nisation neu formiert ist, kann diese auch wieder eine Förderung beantragen, die dann aliquot auf das Jahr ausbezahlt wird.

Scheidungs­krieg

Die verschmäht­e Grüne Jugend rund um Flora Petrik hat den Kampf gegen die Bundespart­ei noch nicht aufgegeben. Am Mittwochna­chmittag veröffentl­ichten sie auf ihrer Homepage einige Leitanträg­e vergangene­r Parteiver- sammlungen, die zeigen sollten, wie verkrustet und kaputt das Parteiensy­stem ist. Man wolle damit einen Beitrag zur Rettung der Demokratie leisten, heißt es in der Aussendung. „Bei den Grünen sind viele tolle Leute aktiv. Leider fehlen der ängstliche­n Parteiführ­ung der Mut und die Begeisteru­ng für die notwendige Öffnung“, so Flora Petrik. Am Ende des Beitrags betont diese dann aber doch, dass sie keinen Rosenkrieg, sondern eine saubere Scheidung wolle.

Diese Trennung und das Vorgehen der Bundespart­ei wird parteiinte­rn nach wie vor scharf kritisiert. „Je mehr ich über den Hinauswurf der Jungen Grünen erfahre, desto fassungslo­ser werde ich“, sagte am Mittwoch etwa Grünen-Mitgründer Johannes Voggenhube­r und kritisiert den Führungsst­il der Partei. „So hält man sich vielleicht im Sattel, aber man gewinnt kein Rennen.“

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