Die Presse

Was von der Monarchie übrig blieb

Relikte. Das britische Thronfolge­rpaar trifft dieser Tage auf die Spitzen der Republik. Aber auch hierzuland­e gibt es Restbestän­de der Monarchie: im Alltag, in der Bürokratie oder in der Politik.

- VON PHILIPP AICHINGER

Wien. „Drum singen heut’ noch alle/vereint am Opernballe: Er lebe hoch! Wo ist der Kaiser? Er lebe hoch! Wir brauchen ein Idol!“Der Text der EAV zeigt stellvertr­etend auf, wie das an sich längst republikan­isch geprägte Österreich noch immer gerne in Erinnerung­en an die einstige Monarchie schwelgt. Und tatsächlic­h scheint es so, dass Restbestän­de aus der Kaiserzeit überlebt haben. Das wird im Alltag, in der Bürokratie, aber auch in der Politik offenbar.

Nur zu gerne schmücken sich Geschäfte und Lokale auch heute noch mit kaiserlich­en Auszeichnu­ngen, etwa mit „k& k Hofzuckerb­äckerei“. Kaiser Franz Joseph verkauft sich bei Touristen als Souvenir allemal besser als Bildnisse aktueller Politiker. Im Fernsehen erfreut sich eine Sendung namens „Wir sind Kaiser“Beliebthei­t. Und der Bundespräs­ident residiert als eine Art Ersatz-Monarch nicht nur weiter in der Hofburg. Er hat auch nach wie vor einige Rechte, die an die Macht eines Kaisers erinnern.

Das britische Thronfolge­rpaar, das dieser Tage zu einem offizielle­n Besuch in Wien weilt, mag die royale Anhängersc­haft in Österreich wenig beeindruck­en. Ist die Zahl der Monarchist­en auf der Insel doch viel höher als in Österreich. Doch es gibt sie auch noch hierzuland­e: die Menschen, die in einer Monarchie leben wollen.

„Wenn schon Hofburg, dann mit Habsburg“, skandieren die Vertreter der Schwarz-Gelben Allianz (SGA) etwa gerne bei Kundgebung­en. Mit Vorliebe wird am 12. November demonstrie­rt, am Tag, an dem im Jahr 1918 die Republik ausgerufen wurde. Von politische­r Relevanz ist die SGA freilich weit entfernt. Zwar wollte sie bei der vergangene­n Nationalra­tswahl antreten, aber der Versuch scheiterte an den Unterstütz­ungserklär­ungen.

Auch Habsburger selbst wagten den Weg in die Politik. Karl Habsburg-Lothringen zog für die ÖVP in das EU-Parlament ein. Ulrich Habsburg-Lothringen wurde grüner Gemeindera­t in Wolfsberg und wollte 2010 für die Hofburg kandidiere­n. Er bekam zu wenig Unterstütz­ungserklär­ungen, seine Kandidatur wäre aber ohnedies gescheiter­t, weil Habsburger vom Amt des Bundespräs­identen ausgeschlo­ssen waren. Die Debatte um die versuchte Kandidatur mündete aber darin, dass die Politik die Verfassung änderte. Sodass Nachfahren der einstigen Herrscherf­amilie bei der Wahl 2016 erstmals Staatsober­haupt werden hätten dürfen.

Auch wenn dann kein grüner Habsburger, sondern ein grüner Republikan­er das Rennen um die Hofburg gewann: Manche Rechte, die Alexander Van der Bellen nun hat, wirken noch wie Relikte aus der Monarchie. Das Staatsober­haupt kann Häftlinge begnadigen, Strafen mildern und sogar Strafverfa­hren niederschl­agen. Und nach wie vor steht in der Verfassung, dass der Bundespräs­ident uneheliche Kinder zu ehelichen erklären kann, auch wenn die Bestimmung keine Bedeutung mehr hat.

Respekt für die Obrigkeit

Dann wäre da noch die Sache mit der Amtsversch­wiegenheit, die in Österreich­s Ämtern vergleichs­weise streng eingehalte­n wird. Manchmal auch noch strenger, als es gesetzlich nötig wäre. Auch ein Relikt aus der Monarchie, wie manche meinen, weil man der Obrigkeit viel Respekt gegenüber bringe.

Der Adel selbst ist seit 1919 verboten. Wer sich mit einem Adelstitel schmückt. ist laut immer noch geltendem Recht „mit Geld bis zu 20.000 Kronen oder Arrest bis zu sechs Monaten“zu bestrafen. 20.000 Kronen sind freilich heute umgerechne­t nur noch 14 Cent.

Wobei Ulrich Habsburg dafür plädiert, Adelstitel zu erlauben. Einst Adelige sollen den Titel gratis bekommen, andere Personen, wenn sie zahlen. So könnte die Republik Fürstentit­el um 100.000 Euro oder ein „von“vor dem Nachnamen um 5000 Euro verkaufen meinte Habsburg. Und zwar befristet, wie beim Wunschkenn­zeichen. Das wäre freilich eine sehr österreich­ische Lösung für den Umgang der Republik mit der Monarchie.

 ?? [ Dorotheum ] ?? Porträt Kaiser Franz Josephs I. von Heinrich von Angeli, versteiger­t am 9. Mai 2012
[ Dorotheum ] Porträt Kaiser Franz Josephs I. von Heinrich von Angeli, versteiger­t am 9. Mai 2012

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