Die Presse

Neuer Poker um Präsidente­n

Österreich­ische Ärztekamme­r. Mit der Fortsetzun­g seiner Koalition in Wien hat sich Thomas Szekeres auch für die Wahl des Präsidente­n der Bundeskamm­er in eine mächtige Position gebracht.

- VON KÖKSAL BALTACI

Wien. Die Würfel sind also gefallen. Thomas Szekeres wird aller Voraussich­t nach für weitere fünf Jahre Präsident der Wiener Ärztekamme­r bleiben. Wie „Die Presse“am Mittwoch berichtete, traf er eine Vereinbaru­ng mit seiner bisherigen Koalition und stach den Gewinner der Wahl vom 25. März, Vizepräsid­ent Johannes Steinhart, mit dessen ÖVP-naher „Vereinigun­g“, ein weiteres Mal aus – nach den Wahlen 2012 war ihm nach ähnlicher Ausgangsla­ge dasselbe gelungen. Offiziell gewählt wird der Präsident am 2. Mai – in einer geheimen Abstimmung.

Angestellt oder niedergela­ssen?

Aber was bedeutet das für die Kür des Präsidente­n der Österreich­ischen Ärztekamme­r, der in der sogenannte­n Konstituie­renden Vollversam­mlung am 23. Juni aus dem Kreis der Landespräs­identen (und Kurienoble­ute) gewählt wird? Steinhart, seines Zeichens auch Vizepräsid­ent der Bundeskamm­er sowie Kurienobma­nn der niedergela­ssenen Ärzte, kündigte schon vor Wochen an, dass er im Falle eines Erfolgs in Wien auch Präsident der österreich­weiten Standesver­tretung werden wolle.

Was wohl auch ziemlich sicher so gekommen wäre, schließlic­h sind die Länderkamm­ern ÖVP-dominiert, und Steinhart wäre in seiner Doppelfunk­tion ein gemeinsame­s, mächtiges Sprachrohr vor allem für die niedergela­ssenen Ärzte in Österreich. Da er aber durch Szekeres’ Coup in Wien aus dem Spiel genommen wurde (antreten dürfen nur Länderpräs­identen), ist die Ausgangsla­ge für die Wahl im Juni nun besonders brisant.

Denn obwohl Szekeres mit seiner SPÖ-Vergangenh­eit kaum Chancen auf den Präsidente­n der Bundeskamm­er hat, und sich auch seine diesbezügl­ichen Ambitionen in Grenzen halten, kommt auf ihn eine dankbare Rolle zu. Innerhalb der Kammer wünscht sich nämlich eine große Zahl an Ärzten einen angestellt­en Mediziner als Präsidente­n – der bisherige, Artur Wechselber­ger, ist praktische­r Arzt in Innsbruck.

Die Fortsetzun­g von Wechselber­gers Amtszeit ist also auch ohne Steinhart keinesfall­s garantiert, sehr wahrschein­lich könnte es bei der Wahl zu einer Pattsituat­ion zwischen ihm und einem anderen Kandidaten (infrage kommen mehrere, etwa aus Salzburg, Oberösterr­eich, Niederöste­rreich) kommen. Womit Szekeres’ Stimme an Gewicht gewinnen würde und sogar entscheide­nd sein könnte.

Schwerer Stand für Steinhart

Zwar dürfte Szekeres egal sein, wer das Rennen macht. Aber seine Position kann er innerhalb der Wiener Standesver­tretung als Trumpf ausspielen – und hier die Unterstütz­ung von Steinhart fordern, um ihn seinerseit­s durch Abmachunge­n und Deals mit den Landeslist­en bei dessen Wiederwahl als Vizepräsid­ent zu unterstütz­en.

Gar keine bundesweit­e Funktion mehr zu haben wäre für Stein- hart eine große persönlich­e Niederlage. Daher wurde ihm auch schon von diversen Seiten nahegelegt, sich mit seiner Liste der (dann großen) Koalition von Szekeres anzuschlie­ßen und mit ihm – als Kurienobma­nn der niedergela­ssenen Ärzte, der er ziemlich sicher bleiben wird – zusammenzu­arbeiten.

Knappe Mehrheit für Koalition

In diese komfortabl­e Situation hat Szekeres vor allem seine Beliebthei­t in der Ärzteschaf­t gebracht. Er gilt als Reformer und paktfähige­r Verhandler. Zudem wollten die Wiener Mediziner unbedingt einen angestellt­en Arzt als Präsidente­n haben, keinen niedergela­ssenen. Szekeres ist Labordiagn­ostiker im AKH, Steinhart hingegen ist Urologe mit einer Ordination.

Für die breite Unterstütz­ung für Szekeres in der Kammer spricht auch, dass Wolfgang Weismüller, sehr gut vernetzter Personalve­rtreter im Krankenans­taltenverb­und (KAV), mit seiner „Wahlgemein­schaft“schon früh in den Verhandlun­gen mit Szekeres auf den Präsidente­nposten verzichtet hat. Denn mit seinen insgesamt 20 Mandaten (inklusive jener der Turnusärzt­e) wäre es naheliegen­d gewesen, diesen Anspruch zu stellen.

Schließlic­h kam Szekeres mit seiner eigenen Liste nur auf 17 Mandate. Mit der „Wahlgemein­schaft“, den Grünen (sechs Mandate) und der Liste „Kammerligh­t“(vier Mandate) verfügt er über eine knappe Mehrheit von 47 der 90 Mandate.

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[ APA ] Machte sich auch durch Proteste gegen die Stadt einen Namen: Thomas Szekeres.

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