Laufen auf Berlinerisch
In den Berliner Parks wird getanzt, gesungen und jongliert. Nur gelaufen wird nicht. Oder doch?
Berlin hat mir meine bislang ungewöhnlichste Laufrunde beschert. Ahnungslos joggte ich bei meinem Besuch in den Mauerpark, der, wie der Name schon sagt, einst geteilt war. Ruhig hatte ich diesen Grünfleck in Mitten der Stadt in Erinnerung. Er schien perfekt für mein geplantes Intervalltraining. War er aber nicht.
Bereits am Parkeingang schlugen mir rockige Gitarrenakkorde und Schlagzeugrhythmen entgegen. Im Abstand von wenigen Metern hatte eine Band neben der anderen Aufstellung genommen. Es ertönten Salsamusik, afrikanisches Getrommel, asiatische Klangwolken und schottische Dudelsacktöne. Dazu wurde getanzt, jongliert, gesungen, getrunken und geraucht. Nur gelaufen wurde nicht. Auch mir wurde es irgendwann zu mühsam, mich an tanzenden Berlinern und Selfieschießenden Touristen vorbeizudrängen. Statt zu laufen wippte ich nun eben wie hunderte andere bei den, wie ich später erfahren habe, berühmt berüchtigten Karaokeauftritten im Amphitheater mit. Die ließen mich staunen – weniger wegen des schönen Gesangs und mehr wegen der leidenschaftlichen Performance. Die sorgte für ausgelassene Stimmung.
Bestens gelaunt trabte ich wenig später eine Runde um den Mauerpark und sinnierte darüber, dass Berlin eben mehr eine Stadt der Künstler als der Sportler sei. Falsch gedacht. Denn plötzlich stand ich vor einem kleinen Stadion und sah zahlreiche Sportler ihre Runden auf der Laufbahn ziehen. Die Tartanbahn im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark ist, wie mir ein netter Herr versicherte, für alle öffentlich zugänglich. Auch für ahnungslose Gäste wie mich. So absolvierte ich mein Intervalltraining auf der Tartanbahn mit Blick auf den berühmten Berliner Fernsehturm in der einen Stadionkurve und mit Blick in eine Berliner Luxuswohnung in der anderen. Dort wurde, wie ich aus der Ferne sah, übrigens auch gelaufen. Auf dem Laufband. Jedem das Seine. Laufen auf Berlinerisch eben.