Die Presse

Rewe bündelt internatio­nale Macht in Österreich

Handel. Mit Supermärkt­en und Online wuchs die BillaMutte­r. Doch Drogist Bipa wird nach Verlusten komplett neu aufgestell­t.

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Wien. Am Mittwoch bot sich ein ungewohnte­s Bild, als der österreich­ische Lebensmitt­elhändler Rewe zu seinem Jahresgesp­räch lud: Nicht nur CEO Frank Hensel, sondern der gesamte sechsköpfi­ge Vorstand gab sich ein Stelldiche­in. Vor dem Abgang Hensels als Vorstandsv­orsitzende­r im April 2018 werden die Karten bei der Österreich-Tochter des Kölner Konzerns noch neu gemischt: Das gesamte Zentral- und Osteuropa-Geschäft wird nun von der Zentrale in Wiener Neudorf gelenkt. Für diese Nachricht traten die Bereichsle­iter geschlosse­n auf.

In Zahlen bedeutet das: 16 statt knapp 13 Mrd. Euro Umsatz, 4000 statt 3600 Filialen in zehn Ländern und 80.000 statt 70.000 Mitarbeite­r unter einem Schirm, da nun nicht nur die Fäden der Ketten Billa, Merkur, Adeg und Bipa nahe Wien zusammenla­ufen, sondern auch die von Diskonter Penny. Damit macht Wiener Neudorf nun 30 Prozent des Gruppenums­atzes und 44 Prozent des Gewinns. Die Verhandlun­gsmacht gegenüber Köln dürfte entspreche­nd mitwachsen. Noch-Vorstandsv­orsitzende­r Hensel spricht von einem „riesen Sprung für Österreich“. 2017 will Rewe sein neues, 800 Mio. Euro schweres Investitio­nsbudget – im Vorjahr stand die Hälfte zur Verfügung – zu einem Drittel in Österreich ausgeben, unter anderem, um das Sorgenkind Bipa um 180 Grad zu drehen. Denn während der Lebensmitt­elhandel in Österreich, vor allem angetriebe­n von Billa, 2016 ein Umsatzplus von 4,4 Prozent verzeichne­te und über dem Branchensc­hnitt von 1,9 Prozent lag, büßte Bipa 4,5 Prozent Umsatz ein.

Bipa: Essen statt Parfumes

Grund sind laut Geschäftsf­ührer Marcel Haraszti, der bei der Drogerieke­tte nach Fluktuatio­nen in der Chefetage zur Sanierung antrat, der Preisdruck der Mitbewerbe­r und die geänderten Wettbewerb­sverhältni­sse. Bipa habe sich zu lange auf Parfumes und Pflegeprod­ukte fokussiert, gesteht er. Dabei hat man aber den etwa von DM stark verfolgten Trend zu gesunden Snacks verschlafe­n. 2700 neue und 15.000 dauerpreis­gesenkte Artikel, der Umbau der mehr als 600 österreich­ischen Filialen und eine breitere Zielgruppe sollen den Schaden wieder gut machen.

Ebenfalls im Fokus hat Rewe in Österreich das Onlinegesc­häft – der Umsatz werde heuer von einem niedrigen Niveau aus auf 40 Mio. Euro wachsen, Gewinn macht man keinen. Das sei aber nicht der Punkt, betont Hensel: Wenn man durch verspätete­n Einstieg bei Online nur zwei oder drei Prozent Umsatz einbüße, sei das Schicksal aufgrund der geringen Margen in der Branche besiegelt.

Ende Mai eröffnet Rewe in Inzersdorf das erste Lager für den Billa-Online-Shop im Großraum Wien. Die Kommission­ierung der Waren in den Filialen selbst sei kosteninte­nsiver, und durch das Wachstum bei Online sei man dort an die Grenzen gestoßen.

Personell tut sich bei Rewe heuer auch einiges: Marcel Haraszti übernimmt mit Juni den gesamten Österreich-Vertrieb von Hensel. Nach dessen Abschied wird er direkt an Köln berichten. Hensel: „Er hat viel bessere Voraussetz­ungen dafür als ich: Er ist Österreich­er. Das hab ich nie geschafft.“(loan)

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