Die Presse

Not macht betrügeris­ch: Bestechung ist verbreitet

Studie. Jeder fünfte der vom Berater EY befragten Führungskr­äfte wäre bereit, für die eigene Karriere, mehr Gehalt oder zum Wohl des Unternehme­ns zu unlauteren Mitteln zu greifen. Compliance-Regeln helfen nicht viel.

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Wenn es darum geht, dem eigenen Unternehme­n – oder auch sich selbst – einen Vorteil zu verschaffe­n, einen neuen Großauftra­g an Land zu ziehen oder Missstände zu verdecken, sind Manager nicht zimperlich. Große Korruption­sskandale, angefangen von Siemens über die Libor-Absprachen der Banken bis zu Dieselgate bei VW haben zwar zum Umdenken und härterer Ahndung geführt. Weltweit geht dennoch mehr als die Hälfte der Manager (51 Prozent) davon aus, dass in ihrem Land bestochen und betrogen wird. Das ist genauso viel wie im Jahr 2015, als das Beratungsu­nternehmen EY zuletzt eine Befragung von 4100 Führungskr­äften in 41 Ländern zu diesem Thema (Fraud Survey) durchgefüh­rt hat.

Die Studie bestätigt, zumindest wenn es um das Länderrank­ing geht, den verbreitet­en Eindruck eines Ost-West-Gefälles: Während 64 Prozent der Manager in Osteuropa meinten, in ihren Ländern sei Korruption weit verbreitet (die Ukraine liegt mit 88 Prozent an der Spitze), sind es in Westeuropa nur 33 Prozent und in Österreich 32 Prozent. Korruption ist aus Sicht der heimischen Manager schon das zweite Mal in Folge zurückgega­ngen. Besonders gut schneiden skandinavi­sche Länder ab.

Bewusstsei­n fehlt

Viele Unternehme­n haben strenge Compliance-Regeln eingeführt. „Die besten Bestimmung­en – und auch drohende Strafen – nützen nichts, wenn das Bewusstsei­n fehlt“, sagt Andreas Frohner, Partner und Leiter der zuständige­n Abteilung bei EY Österreich. Und so würde jeder Fünfte für die eigene Karriere oder zum – vermeintli­chen – Wohl des Unternehme­ns unethisch handeln. Fünf Prozent der Befragten können sich durchaus vorstellen, die Unternehme­nsführung mit falschen Informatio­nen zu beschwinde­ln, um die Karriere voranzutre­iben oder eine höhere Bezahlung zu bekommen. Jeder Zehnte würde sich nicht scheuen, bewusst Finanzzahl­en zu fälschen, um vorgegeben­e Ziele zu erreichen. Noch höher, bei 17 Prozent, liegt der Prozentsat­z jener Führungskr­äfte, die für einen Auftrag Bares springen lassen würden.

Ist das Unternehme­n in Gefahr, fallen überhaupt die Hem- mungen: 77 Prozent der Manager würden in solchen Fällen unethische­s Verhalten rechtferti­gen. Jeder Dritte würde auch Geld springen lassen, um ein lukratives Geschäft abzusicher­n.

Interessan­t ist freilich auch die Diskrepanz zwischen ethischem Anspruch und praktische­m Verhalten: Mehr als die Hälfte der Manager gab nämlich an, sich Sorgen wegen Korruption und Bestechung im eigenen Unternehme­n zu machen. Und sogar drei Viertel meinen, dass E-Mails oder Telefonate überwacht werden sollten.

Whistleblo­wer-Hotlines sind freilich nicht so weit verbreitet wie angenommen: Nur ein Fünftel der Mitarbeite­r wissen, wie sie so eine Hotline erreichen bzw. nützen können. (eid)

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