Die Presse

Regelungsc­haos um GmbH light: Kein Verfassung­sverstoß

GmbH-Reform. VfGH stößt sich nicht am „doppelten rechtspoli­tischen Schwenk“.

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Es begann mit dem Gesellscha­ftsrechtsä­nderungsge­setz 2013: Die „GmbH light“wurde eingeführt – also das Mindeststa­mmkapital für GmbHs von 35.000 auf 10.000 Euro gesenkt. Auch früher gegründete Gesellscha­ften konnten ihr Stammkapit­al entspreche­nd reduzieren.

Schon ein paar Monate nach ihrem Inkrafttre­ten war diese Reform jedoch wieder Makulatur: Eine neuerliche Novelle – versteckt im Abgabenänd­erungsgese­tz 2014 – hob das Stammkapit­al wieder auf 35.000 Euro an. Nur für neue Gesellscha­ften gilt seither eine „Gründungsp­rivilegier­ung“: In den ersten zehn Jahren reichen 10.000 Euro aus.

Seither gibt es, wie der Oberste Gerichtsho­f (OGH) mit Missfallen konstatier­te, drei Arten von GmbHs: Erstens jene, die vor der Reform 2013 gegründet wurden und keine Senkung ihres Stammkapit­als beantragt haben. Sie brauchen mindestens 35.000 Euro als Stammeinla­ge. Zweitens Gesellscha­ften, die zwischen 1. Juli 2013 und 28. Februar 2014 gegründet wurden oder in dieser Zeit ihr Stammkapit­al herabgeset­zt haben. Für sie reichen derzeit 10.000 Euro aus, spätestens bis 31. März 2024 müssen sie jedoch wieder 35.000 Euro erreichen. Und drittens gibt es GmbHs mit Gründungsd­atum ab 1. März 2014. Für sie gilt die zehnjährig­e Gründungsp­rivilegier­ung und ab dann ein Kapitalerf­ordernis von 35.000 Euro.

Neuregelun­g unsachlich?

Vor den OGH gebracht hatte die Sache ein Gründer, der sich gegen die Ungleichbe­handlung wehrte. Und auch das Höchstgeri­cht hielt den „doppelten rechtspoli­tischen Schwenk“des Gesetzgebe­rs für bedenklich. Unter dem Aspekt des Gleichheit­ssatzes, aber auch, weil die Neuregelun­g unsachlich sei: Neu gegründete Unternehme­n seien erwiesener­maßen insolvenzg­efährdeter als länger bestehende – warum also sollten gerade diejenigen, die die riskante Gründungsp­hase hinter sich gelassen haben, mehr Stammkapit­al als Haftungsba­sis für Gläubiger aufbringen müssen?

Der Verfassung­sgerichtsh­of teilt die Bedenken jedoch nicht: Solange die jeweiligen Regelungen nicht in sich gleichheit­swidrig sind, sei auch gegen eine zweimalige Änderung der Rechtslage innerhalb eines kurzen Zeitraums nichts einzuwende­n (G311/2016). Und selbst wenn es statistisc­h zutrifft, dass GmbHs, die das Gründungsp­rivileg in Anspruch genommen haben, ihr Stammkapit­al ausgerechn­et dann erhöhen müssen, wenn die Insolvenzg­efahr deutlich gesunken ist, stehe es dem Gesetzgebe­r frei, Gründungen zu fördern – und dabei den Gläubigers­chutzaspek­t in den Hintergrun­d treten zu lassen.

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