Affen fühlen sich ein – und mit
Kognition. Schimpansen etc. bemerken nicht nur, wenn im Gehirn eines anderen, eines Menschen gar, ein Irrglaube herrscht. Sie helfen auch ab.
In Kognitionslabors geht es bisweilen zu wie im Theater: Vor allerlei Publikum tritt ein Guter auf, ein Mensch, und ein Böser, auch ein Mensch, als Affe verkleidet („King Kong“). Der nimmt dem Guten etwas weg – Schokolade – und steckt es in eine von zwei Schachteln. Dann vertreibt er den Guten und steckt die Schokolade in die andere Schachtel. Dann trollt er sich, der Gute kehrt zurück.
Wo wird er die Schokolade suchen? Natürlich dort, wo er sie zuletzt gesehen hat: in der ersten Schachtel. Aber damit der Beobachter diesen Schluss ziehen kann, muss er zuerst einmal wissen, was im Kopf des Guten vor sich geht – dass er dem Irrglauben aufsitzt, die Schokolade sei in der ersten. Ganz kleine Kinder können das noch nicht leisten, man hat es damit gezeigt, dass man mit speziellen Geräten ihre Augenbewegungen verfolgte: Sie wenden den Blick zur zweiten Schachtel, denn sie vermuten, dass der Gute dorthin geht, wo sie selbst die Schokolade zuletzt gesehen haben.
Im Alter von etwa zwei Jahren ändert sich das, nun zeigen die Kinderaugen, dass sie wissen, dass der Gute sich von seinem falschen Glauben leiten lässt: Er wird zur ersten Schachtel gehen, das sehen sie voraus. Bei diesem Test wird nichts gesprochen, er eignet sich deshalb auch für Affen, Michael Tomasello (Leipzig) hat ihn im Oktober an Schimpansen, Bonobos und Orang-Utans durchgeführt: Sie schauen, wie Kinder ab zwei, in die richtige Richtung, sie haben eine „Theory of mind“, erspüren, was in den Gehirnen anderer vor sich geht und leiten Verhaltensprognosen ab (Science 354, S. 110).
Nicht nur klug, auch voll Empathie
Nun ist Tomasello einen Schritt weiter gegangen: Hat das Wissen um das, was sich im Kopf des anderen abspielt, Einfluss auf das eigene Verhalten? Die Versuchsanordnung war ähnlich, nur waren die Schachteln verriegelt, und öffnen konnten sie nur die Affen. Kam der Gute wieder in den Raum und ging zur falschen Schachtel, halfen die Affen – und öffneten die richtige (PLoS One 5. 4.)
Der Befund ist folgenreich, Tomasello ist einer der Großen des Feldes. Er hatte immer hohe Achtung vor der Intelligenz der Großen Affen, sprach ihnen aber jede Empathie und Hilfsbereitschaft ab, dort sah er die differentia specifica des Menschen. Für seinen Gegenspieler Frans de Wal (Emory) gibt es diese nicht, er sieht nur graduelle Übergänge – und so waren die beiden über Jahre in Experimente und Gegenexperimente verstrickt.