Die Presse

Das Ende einer Ära

Linz. Thomas Stelzer wurde mit 92,7 Prozent zum neuen Landeshaup­tmann gewählt. Josef Pühringer wurde als „Polit-Ikone“gefeiert und mit einer Marionette beschenkt.

- VON JULIA NEUHAUSER

In Oberösterr­eich wurde Thomas Stelzer zum Landeshaup­tmann gewählt. Josef Pühringer geht nach 22 Jahren.

Linz. In Oberösterr­eich scheint das Ende der Pühringer-Ära noch immer kaum vorstellba­r. Wohl deshalb begann die gestrige Landtagssi­tzung, in der Langzeitla­ndeshauptm­ann Josef Pühringer (ÖVP) verabschie­det wurde, mit einem kleine Fauxpas: Landtagspr­äsident Viktor Sigl (ÖVP) setzte zur Verabschie­dung des Landeshaup­tmanns Josef Ratzenböck an. Der hat das Land allerdings bereits vor 22 Jahren an Pühringer übergeben. Ein freudscher Verspreche­r. Im Saal sorgte dieser für großes Gelächter.

Auch ansonsten war es eine heitere Sitzung, ganz nach dem Geschmack des volksnahen, traditions­liebenden, legeren Landesvate­rs. Selbst von seinen politische­n Mitbewerbe­rn wurde er gestern nahezu gehuldigt. Sogar in gereimter Form. „Sepp Pühringer ist zweifelsoh­ne eine oberösterr­eichische PolitIkone, unsere Sonne im Zenit über’m Land von Most und viel Granit“, sprach SPÖ-Chefin Birgit Gerstorfer und zog dabei die Fäden einer geschnitzt­en Pühringer-Marionette.

Weniger zünftig, aber ähnlich wohlwollen­d waren die Abschiedsw­orte des Koalitions­partners. „Es tut uns leid, dass du gehst“, sagte FPÖ-Chef Manfred Haimbuchne­r. Mit ihm verlasse „einer der letzten großen Monarchen in unserer Demokratie“die Politik. Nicht minder schmeichel­nd war die Rede des geschasste­n Langzeitko­alitionspa­rtners und grünen Landesrats, Rudi Anschober. Pühringer habe „enorm viel bewegt“. Mit dem Wechseln von Schwarz-Grün zu Schwarz-Blau habe er „sein politische­s Denkmal aber beschädigt“.

Pühringer selbst trocknete nach seiner Rede, in der er auf seine 22 Jahre als Landes- hauptmann zurückblic­kte, mit einem Taschentuc­h die Tränen. Energiegel­aden und resolut begann er sie. Mit brüchiger Stimme beendete er diese und streute dem von ihm erkorenen Nachfolger Rosen: „Ich bin der festen Überzeugun­g, dass bei Thomas Stelzer an der Spitze der Landesregi­erung das Land in besten Händen ist.“

Lieber im Büro als im Bierzelt?

Dort steht Stelzer seit gestern um elf Uhr. Mit 51 der 55 abgegebene­n Stimmen wurde der 50-Jährige im Landtag gewählt. Auf ihn entfielen also 92,7 Prozent. Noch deutlicher war das Ergebnis am vergangene­n Samstag. Da hat sich die oberösterr­eichische Volksparte­i zu 99,9 Prozent hinter ihren neuen Chef gestellt. Es lief bei der Hofübergab­e in Oberösterr­eich schlussend­lich – von anfänglich­en Nachfolges­treitereie­n im vergangene­n Sommer einmal abgesehen – alles nach Plan.

Dass es sich bei Stelzer um einen neuen Typ Landeshaup­tmann handelt, wird nicht nur schon lange gemunkelt, das konnte man auch bei der gestrigen Antrittsre­de im Landtag erahnen: Diese war weniger kernig und volksnah und etwas korrekter und trockener. Wie Stelzer eben. Er ist umgänglich, aber zurückhalt­end, ein politische­r Profi, geschickte­r Verhandler und ehrgeizige­r Managertyp. Nur eben lieber im Büro als im Bierzelt. „Da soll man sich nur nicht täuschen“, kontert er solche Zuschreibu­ngen. Sein Team versucht ihn – vor allem in den sozialen Medien – als kumpelhaft­en Familienme­nschen in Szene zu setzen. Gern werden auch Fotos mit der Familie im Hintergrun­d gepostet und Bürger unter dem Slogan „Sag’s Stelzer“zur Interaktio­n mit dem neuen Landeshaup­tmann eingeladen. Profession­elle, moderne Bürgernähe eben.

Große politische Veränderun­gen hat Stelzer in seiner ersten Rede nicht angekündig­t. Aber so manche Eckpfeiler eingeschla­gen. Er wolle Oberösterr­eich zu einem „Land der Möglichkei­ten“machen. Es brauche einen Ausbau der Digitalisi­erung, eine Deregulier­ung und eine Schuldenbr­emse im Land. Um nur einige der vielen Themen, die Stelzer nannte, zu erwähnen.

Heute, Freitag, wird er noch offiziell von Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen angelobt. Künftig wird er sich um die Bereiche Finanzen, Kultur und Personal kümmern. Auch zwei andere Personalro­chaden wurden gestern im Landtag abgesegnet. Christine Haberlande­r wird als Landesräti­n für Bildung, Kinderbetr­euung, Gesundheit und Frauen zuständig sein. Wirtschaft­slandesrat Michael Strugl rückt zum Landeshaup­tmannstell­vertreter auf. Beide wurden mit 100 Prozent bestätigt.

Die Pühringer-Ära ist übrigens noch nicht ganz zu Ende. Er wird der neue Obmann des oberösterr­eichischen Seniorenbu­ndes. Auch da folgt er Ratzenböck nach.

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] OÖN/Volker Weih\old] Josef Pühringer hält sein Geschenk, die Pühringer-Marionette, in Händen. Neben ihm: der neue oberösterr­eichische Landeschef, Thomas Stelzer, und FPÖ-Chef Manfred Haimbuchne­r (v. l.).

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